News Detail: CD: Top Tipps |
POP/ROCK
Jimmy
Sommerville: Home Again (New Version)
Sympathisch war es ja schon, wie Jimmy Somerville kürzlich in einer
dieser schlechten Kabel 1-Neuauflagen der legendären Formel Eins-Show
über die Casting-Bands der Neuzeit ablästerte. Natürlich
wissen wir alle selbst, dass der Grossteil davon aus gut aussehenden,
jungen, talentlosen Dingern besteht, die nicht kapieren, oder gar nicht
kapieren wollen, dass sie nur als Spielball für die profitgeile Industrie
herhalten müssen, die ihrerseits schon vor der Vertragsunterzeichnung
den finalen Arschtritt galore plant, der sämtliche Küblböck-Gurken
schonungslos zurück ins wahre Leben wuchtet. Jimmy wählte für
diese unmenschliche, aber eben gängige Praxis der Medien-Selektion
galante Worte, die ihm durchweg Sympathiepunkte einbrachten. Den untersetzten
Schotten nun als gut aussehend zu bezeichnen, dürfte schwierig werden,
jung ist er jedenfalls nicht mehr, und mit dem Talent ist es so eine Sache:
Seine Erfolge, die er vor gut 20 Jahren in Bands wie Bronski
Beat und The
Communards feierte, sind (plötzlich wieder) unvergessen.
Aber was darf man von einem Mann erwarten, der ohne Scham auf so genannten
80s Revival-Shows neben Bananarama
oder Fancy
(ja, der!) auftritt und mit Rosenstolz
auf Tournee geht?
Zumindest steht Somerville felsenfest zu seiner Vergangenheit, was sicherlich
damit zu tun hat, dass seine Songs heute oft immer noch so klingen, als
wäre draussen 1984. Auf "Home Again" rummst es dann
schon mal ein bisschen mehr, wie es eben rummst, wenn man eine Jam
& Spoon-Hälfte ins Studio reinlässt ("Could
It Be Love"). Selbst wenn die Sounds oftmals platt, weil nur noch
in Trance-Produktionen üblich, aus den Boxen knödeln, Somervilles
Pop-Gespür ist allerorten spürbar, und führt auch mal zu
schönen Songs ("Under A Lover's Sky", "Burn").
Leider gibt es aber auch Nummern wie "It Still Hurts" (oh ja)
oder ausgerechnet das Depeche
Mode-Cover "But Not Tonight", dessen stumpfe Kirmes-Bassdrum
jegliche Innovation gnadenlos niedermäht. Nun ja, Jimmy liebt nun
mal den luftigen Popsong genau so wie die luftigsten Tonhöhen. Da
lässt man bei der Soundbearbeitung schon mal Fünfe gerade sein.
Der kleine Schotte kann jedoch, ähnlich wie die Kollegen von Erasure,
gerade im homosexuellen Milieu auf eine treue Fangemeinde zählen,
die ihm sicher auch hier einiges nachsieht.
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METAL
Scar
Symmetry: Symmetric In Design
Das nächste All-Star-Projekt aus Schweden bittet um Gehör. Scheinbar
gibt es in Nordeuropa überproportional viele Menschen, die nichts
Besseres zu tun haben, als ständig neue Bands ins Leben zu rufen
und 'nen Deal einzusacken. Solange dabei brauchbare Mucke rumkommt, will
ich mich aber gar nicht beschweren. Allerdings war ich bei Scar
Symmetry schon kurz davor, die Notleine zu ziehen, denn die ersten
paar Sekunden vom Opener "Chaos Weaver" liessen mir beinahe
den Schweiss ausbrechen. Das klingt nach absolut belanglosem Düdel-Power
Metal und schreit viel eher nach der Skip-Taste. Doch sobald die ersten
Riffs aus den Boxen knallen, sieht die Sache ganz schnell anders aus.
Sänger Christian Älvestam (mir bisher nur als Gitarrist bei
Torchbearer
bekannt) kann nicht nur röcheln wie ein Grösser, sondern
hat auch eine verdammt gute und vor allem variable Singstimme. In den
cleanen Passagen erinnert mich der Kerl stellenweise an Dan Swanö
bei Nightingale,
doch traut Christian seiner Stimme zu Recht mehr zu, als der ehemalige
Edge
Of Sanity-Fronter. Die Riffs der beiden Gitarristen Jonas Kjellgren
und Per Nilsson sind, wie gesagt, nicht von schlechten Eltern, jedoch
bekomme ich diesen Power Metal-Einschlag irgendwie nicht aus dem Kopf.
Vor allem der Sound der Sologitarren tut da ein Übriges, und auch
die Keyboards versprühen eine Fröhlichkeit, die bei dieser Musik
eher nervt, als zur guten Laune beiträgt. Drummer Henrik Ohlsson
ist nicht ganz schuldlos daran, dass "Symmetric In Design" kein
uneingeschränkter Hörgenuss ist. Wenn der Kerl die Schlagzahl
auf der Snare einfach mal verdoppeln würde, könnten die Songs
so richtig abzischen. So hat es aber den Anschein, als dürften Tracks
wie "2012", "Underneath The Surface" oder "Seeds
Of Rebellion" nur mit angezogener Handbremse über die Piste
brettern. Um Vergleiche mit Soilwork
kommen Scar
Symmetry mit ihrem Debütalbum sicher nicht herum. Das ist
aber nicht weiter wild, denn erstens gibt es da schlimmeres und zweites
scheint deren demnächst erscheinendes Werk "Stabbing The Drama"
auch nicht wirklich der Brüller zu werden. Warten wir mal ab, ob
und wie es auf dem nächsten Album weiter geht.
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POP/ROCK
Frames:
Burn The Maps
Die Frames
und Radiohead
sind live wahrscheinlich meine zwei Lieblings-Rockbands der Welt. Sie
setzten Standards, die auch ich anstrebe". Der Verfasser dieser Zeilen
ist der irische Songwriter Damien
Rice, dessen Kunst hier zu Lande eher einem überschaubaren
Kreis bekannt ist, wodurch sein Zitat auf dem Sticker der neuen Frames-CD
vielleicht nicht den gewünschten Werbeeffekt erzielt. Dafür
stammt Rice wenigstens aus Irland, weiss also vermutlich, wovon er
spricht, und als Eyecatcher müssen dann eben Radiohead
herhalten. Mit denen haben The Frames
wiederum nur entfernt zu tun (im Wissen um das Erstellen von Spannungsbögen),
doch auch Thom Yorkes Mannen sassen ja vor Urzeiten mal in der alten
Karre Alternative Rock, die The Frames
bis heute gerne durchtreten. Vordergründig geht es dem Label darum,
die tatsächlich schon seit 15 Jahren vor sich hin rockenden Iren
endlich auch ausserhalb ihrer Heimat bekannt zu machen, was sie fraglos
verdient haben. "Burn The Maps" ist ihr fünftes Studioalbum,
gleichzeitig das zweite für den Epitaph-Ableger Anti, der seinen
guten Ruf vor allem den Ausnahmekünstlern Tom
Waits und Tricky
verdankt. Das Dubliner Quartett um den Singer/Songwriter Glen Hansard
bevorzugt denn auch einen abwechslungsreichen Zugang zum alten Alternative-Monster,
der nicht selten epische und intensive Ausmasse annimmt, wenngleich
sich mit diesen Adjektiven mittlerweile jede zweite Newcomerband schmückt.
Zwischen Lo-Fi, Folkrock, Grunge und Emo ist bei den Frames
stilistisch alles möglich, wenn's sein muss auch innerhalb eines
einzigen Songs, was aber glücklicherweise nie Nerven tötet.
Die akustischen Eröffnungsakkorde von "Happy" erinnern
kurz an den letzten Cure-Opener,
bis Hansards Stimme einsetzt und die glorreiche Rock-Ära der frühen
90er Jahre wachruft. Darf man den Frames
ob des Pianos hier noch eine leichte Affinität zu den Glasgower Indie-Jungs
von Snow Patrol
andichten, zeigen sie später ungeniert auf die ganz Grossen:
im noisigen "Underglass" grüssen entfernt die Pixies,
die Hansard einst erst zur Musik bewegten, in "Fake" schwingen
zunächst die frühen Smashing
Pumpkins, später leider auch Live mit.
Trotz vertrauter Eindrücke sind die Frames-Kompositionen
in ihren Laut-/Leise-Schemata meist zu ausgefeilt gestrickt, um zu langweilen.
Besonders schön lässt sich an den zurückgenommeren Songs
ablesen, wo die allseits gepriesenen Livequalitäten herkommen könnten.
Etwa am ausgefeilten "Keepsake", das sich, tja, beinahe Radiohead-gleich
und von schäumender Lava begleitet, zu einer späten Eruption
hoch schaukelt. Das theatralische "A Caution To The Birds" mausert
sich mit zunehmender Dauer dank pointierter Streichersätze zu einer
satten Hymne, und auch das in sich ruhende "Suffer In Silence"
gehört zu den besseren Tracks. Gefällt sich das Quartett in
allzu offensichtlicher Nostalgie ("Fake"), treten dagegen Verschleisserscheinungen
auf.
Insgesamt liefern The Frames
eine runde Alternative-Scheibe ab, die keine augenwischenden Gimmicks
auffährt, um den Innovationspokal abzustauben, sondern lieber bescheiden
auf gutes Songwriting achtet. Ob Damien
Rice nun Recht hat mit seiner Empfehlung, und warum "Set
List", das letzte Livealbum der Frames,
2004 auf Anhieb Platz eins der irischen Charts einnahm; all das erfahren
wir wohl nur im Konzertsaal.
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POP/ROCK
Sweetbox:
13 Chapters
Daddy always said these are the 88 keys to pain". In Anspielung auf
die 88 Tasten einer Klaviatur bekam Jade aka Sweetbox
diese Einsicht von ihrem Vater mit auf den künstlerischen Weg. Qualen
verursachen vorliegende Kapitel ihres Lebens zwar nicht, aber Freude bereiten
sie auch nicht wirklich. Kommt "Piano In The Dark" noch als
druckvoller Mix aus Rock, Pop, Funk und Soul aus den Boxen, erschöpft
sich die kreative Gestaltungskraft schon beim zweiten Titel "After
The Lights". Allerwelts-Singer/Songwriter-Pop lockt zwar die Asiaten
mit ihrem Hang zum schnulzigen Schmalz aus der Reserve. Für Pop-abgebrühte
europäische Ohren hört sich die Prêt-à-porter-Verköstigung
jedoch mehr als mässig an. Dieses Urteil gilt für den überwiegenden
Teil der Stücke von "13 Chapters". Aus dem Einerlei kristallisieren
sich nur wenige Song-Ansätze heraus. "Beautiful" gehört
mit deftigem Beat, einigen netten Samples und interessantem Arrangement
zu den besseren Stücken. Der 08/15-Refrain zerstört jedoch die
in den Strophen mühsam aufgebaute Spannung gnadenlos. Mit viel orientalischem
Flair versucht sich "Hate Without Frontiers" abzuheben. "Chyna
Girl" lockt mit asiatischer Atmosphäre und brezelt zu Beginn
ordentlich los. Nach acht Takten ist jedoch Schluss mit lustig und der
Song verheddert sich in Synthesizer-Arpeggien und Hutzelbutzel-Refrain.
Abschliessend entschuldigt sich Jade. "Sorry" gehört
zwar zu den besseren Nummern von "13 Chapters", kann den lahmen
Gesamteindruck aber nicht mehr retten. Schade Jade!
Obwohl dem zierlichen Fräulein ein paar nette popmusikalische Ideen
gelingen, bewegen sich die Stücke allzu oft entlang der ausgelutschten
US-amerikanischen Kompositionsgesetze. Songs von der Stange sozusagen.
Oder: Lieder, die die Welt nicht braucht.
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POP/ROCK / ALTERNATIV
PSAPP:
Tiger, My Friend (Digi)
Psapp. Komischer
Name. "Tiger, My Friend". Komische Musik. Aber sehr charmant
dargeboten. Da rumpelt der Pop zu verqueren Samples. Ernies Quietsche-Ente
fungiert als Rhythmus-Instrument, gleichberechtigt neben Streicher-Einlagen,
Querflöten- und Xylophon-Versatzstücken.
Galia Durant und Carim Clasmann, die beiden Köpfe hinter dem seltsamen
Bandnamen, geben sich alle Mühe, ihren geschickt arrangierten Pop-Schnittchen
den Anschein des Dilettantismus zu verleihen. Wie so oft trügt auch
hier der Schein. Zwischen einem Sample-Gemischtwarenladen und Flohmarkt-Instrumentierung
verbirgt sich ein geschickt zusammen geschustertes Stück Pop. Galias
hypnotische Stimme setzt dem eigenwilligen Oeuvre "Tiger, My Friend"
dabei das feine Sahnehäubchen auf. Der Winter steckt in den letzten
Zügen, wehrt sich mit albernem Schneefall gegen den Frühling,
der mit den Hufen scharrend schon in den Startlöchern steht. Die
ersten Frühlingsblümelein strecken ihre Köpfchen durch
die brüchig gewordene Schneedecke und geben einem den Glauben an
die warme Jahreszeit wieder zurück. So könnte die natürliche
Umgebung aussehen, zu der Psapp
den Soundtrack zimmern. Wenn die ersten warmen Sonnenstrahlen die Nase
kitzeln, sollte im Hintergrund "I Want You" klimpern. Der sanften
Singstimme Galias stehen rückwärts geloopte Keyboardparts und
wie aus Watte klingende Sounds entgegen. Der Psapp-Sound
versinkt durch diese Gegensatzpaare zu keiner Zeit im reinen Schönklang.
Immer wieder reissen aussergewöhnliche Geräuschfetzen
den Hörer aus seiner süssen Harmonie heraus.
So auch beim fluffigen "I've Got Time", bei dem ein Sample zu
hören ist, das klingt, als würde man einer Katze nacheinander
erst auf den Schwanz treten und ihr dann die Gurgel herumdrehen. Es spricht
für Durant und Clasmann, dass aus der akustischen Tierquälerei
ein hübsches Stück Musik entsteht. Aber selbst die störrische,
instrumentelle Seite des Albums kann kaum verhehlen, dass Psapp
sich gar nicht so weit von konventionellem Songwriting entfernen. Die
Mischung macht's, und die ist hier skurril, plemplem und liebreizend.
Immer noch komisch zwar, aber auf eine angenehme Art.
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HIP/HOP RAP / LATIN
Orishas:
El Kilo
Nach wahrlich goldenen Jahren ist der Boom um kubanische Rhythmen mittlerweile
abgeflaut. Der Musikzirkus war nicht so beständig wie die Herrschaft
des El Commandante. Und während sich Fidel von jedem noch so herben
Rückschlag (bzw. Unfall) zu erholen scheint, ist ein Grossteil
der kubanischen Musiker rund um den Buena
Vista Social Club in der Versenkung verschwunden oder gestorben.
Eine Band, die ebenfalls vom immensen Erfolg des Wim
Wenders-Films und von der darauffolgenden Kuba-Begeisterung profitiert
hat, waren die Orishas.
Nach drei Jahren Pause versucht die mittlerweile zum Trio geschrumpfte
Combo nun an die vorangegangenen goldenen Zeiten anzuschliessen.
Erfreulicherweise haben sie die Zeichen der Zeit erkannt und erschliessen
auf "El Kilo" neue Wege. Ihr Sound klingt deutlich ruhiger und
traditioneller als auf den vorigen Werken. Das tut ihrem Gesamtbild auch
gut. Den meist erzwungenen Griff in die Hip Hop-Kiste habe ich ihnen jedenfalls
nie abgekauft. Rap gerät auf dem neuen Album in den Hintergrund.
Somit klingt die Musik auch endlich nicht mehr nach einer Mixtur aus kubanischen
Traditionen und dem von den amerikanischen Imperialisten erfundenen Rapgenre.
Mittlerweile harmoniert das Zusammenspiel aus modernen Beats, kubanischer
Instrumentierung und traditionellem Gesang, mittlerweile harmoniert der
Sound. Kein hektischer Stakkato-Sprechgesang und keine unpassenden Ego-Gesten
verfälschen die Begeisterung, die das Trio - zumindest musikalisch
- für sein Heimatland hegt. Sicher machen die Orishas
immer noch das, was sich irgendwie nach Rap anhört, aber das klingt
eben nicht mehr so unpassend wie ein Schnappi-Remix von Rammstein. Vielmehr
arrangiert sich der "Gesang" jetzt mit den Salsa-, Merengue-
und Latino-Rhythmen. So versprühen die Kubaner stets frischen Charme
und machen Lust auf Cuba Libre und Cohiba.
Die Orishas
sind merklich erwachsener geworden, die juvenile Begeisterung für
Rap ist der Rückbesinnung auf die traditionellen Wurzeln gewichen.
Das Album schwimmt nicht mehr im turbulenten Fahrtwasser des Buena
Vista Social Club, "El Kilo" behauptet sich eigenständig
auf dem internationalen Markt.
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JAZZ
Bill
Connors: Return
Nach längerer Zeit meldet sich der Fusion-Gitarrist Bill
Connors in der Musikszene mit der Veröffentlichung des Albums
"Return" zurück. Eine breite Öffentlichkeit nahm ihn
zum ersten Mal in der Band Return
To Forever von Chick
Corea in den Siebzigern war. In den folgenden Jahren spielte er
mit Grössen wie Jan
Garbarek oder Stanley
Clark. Ende der Achtziger Jahre zog er sich weitgehend aus dem
aktiven Musikleben zurück und arbeitete als Musikpädagoge.
Nun erscheint also nach langer Abstinenz wieder ein Album dieses überaus
erfahrenen Musikers. Die Stücke sind nach wie vor dem Jazz-Rock zuzuordnen.
Mal überwiegt der Jazz, dann wieder der Rock. Besonders auffällig
am Gitarrenspiel von Connors ist, dass er gänzlich auf Effekte und
insbesondere den Verzerrer verzichtet. So kommen die mit Jazzrhythmik
gespielten Songs sehr traditionell rüber, wie zum Beispiel "Mind
Over Matters", das durch Tempi-Wechsel zwischen Halftime-Beat und
Uptempo geprägt ist. Auch das langsame "Try One Today"
ist stark auf die konventionelle Jazzspielweise ausgerichtet. Die Improvisationen
von Bill O'Connell am Piano und Connors sind einfühlsam und variantenreich,
verlassen aber nie den Rahmen der üblichen Harmonik. Während
der Bandleader mit seiner cleanen Gitarre die Soli eher weich und legato
gestaltet, überrascht O'Connell mit härteren Akzenten, Stakkato-Spiel
und grösseren Dynamikwechseln. Mehr dem Rock sind Stücke
wie "On The Edge" oder "Mr. Cool" zugewandt. Das erstgenannte
ist auch der Opener der CD. Kim Plainfield (Drums) und Myra Casales (Percussion)
spielen einen sehr nervösen binären Groove mit Latin-Anleihen.
Das relativ sparsame, aber akzentuierte Thema, das die gesamte Band teilweise
unisono unterstützt, ist nicht nur am Anfang und Ende zu hören,
sondern auch zwischen den Soli. Die Improvisationen gestalten Connors
und O'Connell ruhig, da die Begeleitung schon genug Töne pro Viertel
liefert. Am Ende darf auch Kim Plainfield mit einem Solo seine technischen
Fähigkeiten zum besten geben.
Im letztgenannten
Stück bietet die Musik genau das, was der Titel verspricht. Ein wirklich
cooler Halftime-Shuffle schiebt einen durch den Song, was Bassist Lincoln
Goines mit einem Solo einleitet. Das folgende Thema besticht auch wieder
durch stakkato gespielte Töne, die einige chromatische Läufe
enthalten. Die ganze Band unterstützt die Melodie, doch zwischen
einzelnen Phrasen bleibt für den Zuhörer immer wieder die Gelegenheit
zu verschnaufen. Das ist alles sehr virtuos und typisch für eine
Fusion-Blues. Pianist und Gitarrist spielen in ihren folgenden Improvisationen
viele Blues-Licks und können damit sicherlich "Mr. Cool"
weiter beeindrucken. Bill
Connors und seine Mitmusiker stellen auf dieser Scheibe unter
Beweis, dass sie hervorragende Musiker sind. Herausragende technische
Möglichkeiten besitzen und auch ein Ohr für ihre Bandkollegen
haben. Es gibt aber leider bereits einen Berg anderer Fusion-CDs, die
fast genauso klingen. Die Themen sind meist schnell wieder vergessen,
da sie die nötige Griffigkeit vermissen lassen. Und die Arrangements
sind eben auch nicht so innovativ, wie bei Chick
Coreas "Return
To Forever", wo Connors mit dabei war und dies heute immer
noch Anerkennung bei den Kritikern hervorruft. Ein Track wie "Nobody
Yet To" oder "It Be Fm" beeindruckt zwar ob des glasklaren
Sounds und der brillanten Beherrschung der Musikinstrumente, doch die
Songs haben kein richtiges Gesicht und grenzen sich nicht durch Innovation
von anderen des Genres ab. Daher wird "Return" eben keinen bleibenden
Einfluss auf die Jazzszene ausüben, wie es damals in den Siebzigern
war.
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POP/ROCK
Martin
Dean: The Best Of Martin Dean
Ein Debütalbum mit dem Titel "Best Of" zu versehen, ist
ganz schön frech. Vor allem, wenn man sich den Namen eines berühmten
Crooners
schnappt, ihn umdreht und sich ein Cover ausdenkt, das aus einer Gewaltszene
eines David
Lynch-Filmes stammen könnte.
Zwar zeigt die Suche auf amazon.de, dass solch eine Strategie auch fehlschlagen
kann - das Album erscheint an einer der hintersten Stellen in einer ellenlangen
Trefferliste -, ansonsten aber gibt es wenig zu mäkeln, denn: "The
Best Of Martin
Dean" ist tatsächlich ein gelungenes Produkt. "Space
Age Gospel" nennt der Berliner seinen Stil, der trotz grosser
Vielfalt an eingesetzten Instrumenten und elektronischen Klängen
in seiner Grundstimmung erstaunlich an Frank
Sinatra und Konsorten erinnert. Ein ruhiges Klavier und eine gemütliche
Piano Bar-Atmosphäre begleiten die tiefe Stimme Deans im Opener "Ring
My Hell", bevor eine einfach gezupfte Gitarre in "That's For
Sure" ein etwas schnelleres Tempo anzieht. In "One Size Fits
All" schlägt eine Orgel im Hintergrund einen Reggae-Rhythmus
an, während "Coke For All" die ersten elektronischen Beats
bietet, wobei Dean seine Vielseitigkeit zeigt und an Stuart Staples von
den Tindersticks
erinnert. Die rauchige Atmosphäre verdichtet sich und mündet
im fiesen "Spacelord Motherfucker", das aus der Feder Nick
Caves in einem seiner düsteren Momente stammen könnte.
Das ist kein Zufall, denn Bad Seeds-Schlagzeuger Thomas Wyldler ist ebenso
Teil der Begleitband wie Jochen Arbeit und Alexander Hacke von den Einstürzenden
Neubauten. Beteiligt sind auch Tim Lorenz und Yoyo Röhm,
die schon für Jasmin
Tabatabai und Katharina Franck, ex-Rainbirds,
gespielt haben.
Namen, die angesichts des gänzlich unbekannten Deans Staunen hervorrufen.
Wer ist er eigentlich? "My name is Dean, and I'm clean, after all",
verrät er im abschliessenden Stück "For Your Love".
Nicht gerade hilfreich, aber eigentlich wurscht: Im Februar und März
will er seine Musik mit zwei Gitarren, Bass, Schlagzeug und Orgel auch
ausserhalb Berlins live vorstellen.
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ALTERNATIV
Cass
McCombs: Prefection
Mann, das waren Zeiten damals, Mitte der 80er Jahre: The
Smiths trafen sich noch im Konzertsaal anstatt vor Gericht, The
Cure eroberten
mit synthielastigen Wave-Hymnen die Stadien dieser Welt, und sogar R.E.M.
gingen noch als Indie-Band durch. Gut, ich war zu der Zeit leider mit
den Orientierungsarbeiten für die höhere Schule beschäftigt
und konnte mich daher nicht auf Konzerten genannter Bands herum treiben.
Doch das dürfte Cass
McCombs nicht anders gegangen sein.
Der Mann ist Jahrgang 1977, zumindest vermutet das seine Plattenfirma,
denn McCombs ist nicht der Typ Musiker, bei dem das Geburtsdatum als nötige
Information in Pressezetteln erachtet wird. Wozu auch. McCombs lässt
lieber seine Musik sprechen, und so verrät uns "Prefection"
nach seiner 2004 erschienenen Debüt-Scheibe "A" nun zum
zweiten Male mehr über ihn, als es biografische Anekdoten vermögen.
Stilistisch fällt er trotz Bandkonzept unter die Kategorie melancholischer
Singer/Songwriter, auch wenn diesem Genre oftmals ein staubiger Muff anlastet,
der auf vorliegenden Kompositionen aber höchstens silbrig glänzt.
Warum das so ist, bleibt rätselhaft. Die Songs von Cass
McCombs klingen wie verranzte Lo-Fi-Produktionen. Die Drums poltern
rauh und ungemischt, auf der Stimme liegt mehr Hall als auf sämtlichen
Stone Roses-Platten
und wer das Erscheinungsjahr des Albums blind auf 1987 schätzt, muss
auch nicht ausgelacht werden.
Einmal mehr bleibt uns nur, dem traditionsreichen 4AD-Label dafür
zu danken, dass es sich auch nach all den triumphalen Jahren den Blick
auf's Wesentliche bewahrt hat. Der in Baltimore gross gewordene McCombs
lässt uns in herrlich morbide Stimmungen abtauchen und bietet uns
sogar seine Schulter zum Ausweinen an. Damit wir zwischendurch aber keine
allzu roten Augen bekommen, gibt es auch kleine, dreckige Muntermacher
wie "Subtraction" oder "Bury Mary" (welch erquickende
Velvet
Underground-Hommage). Was McCombs von vielen so genannten Songwriter-Kollegen
unterscheidet, ist wohl die Tatsache, dass er mit "Sacred Heart"
einen herzzerreissenden Hit geschrieben hat, der nach Radio-Airplay
geradezu kreischt. Und wer einen Song wie "She's Still Suffering"
veröffentlicht, der zu Beginn wie ein Song der ersten New Order-LP
klingt, und der auch anschliessend gar nicht daran denkt, anders
zu klingen, dabei aber statt peinlicher Abkupferungsvorwürfe nur
ungespielte Bewunderung hervor ruft, der hat wohl alles richtig gemacht.
Dass diese Wahrheit schon Chef-Connaisseur John Peel geläufig war,
geschenkt.
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MUSIK DVD
Metallica:
Some Kind of Monster (2 DVD)
Dies ist kein Film über eine Band, sondern ein Film über Beziehungen.
Das sollte sich jeder ins Gebetbüchlein schreiben, der Erwartungen
an "Some Kind Of Monster" knüpft, die etwas mit grandiosen
Enthüllungen aus dem Innenleben von Metallica
zu tun haben. Die Dokumentation um den Entstehungsprozess von "St.
Anger" handelt zuallererst von der psychischen Verfassung der - nach
dem Ausstieg von Jason Newsted - zum Trio geschrumpften Metal-Monster.
Das anscheinend nur als Making Of der neuesten Scheibe angelegte Epos
geriet im Laufe der Zeit genauso aus den Fugen, wie das Verhältnis
der einzelnen Bandmitglieder untereinander. Erst erzählt James Hetfield
von seinem Urlaub in Sibirien, bei dem er (tolle Leistung!) zwei Bären
den Garaus gemacht hat, dann zofft er sich mit Lars Ulrich so lange um
Banalitäten, bis die Kacke ordentlich am dampfen ist. Das Bandgefüge
ist nur noch mittels des hinzu gezogenen Psychologe zu retten. Joe Berlinger
und Bruce Sinofsky lichten den K(r)ampf um das Überleben der Gruppe
in eindringlichen Bildern ab. Hammett, Hetfield und Ulrich agieren dabei
scheinbar unbeeinflusst von der Anwesenheit des Filmteams. Die Gesprächsthemen
kreisen immer wieder um die Tatsache, dass speziell die beiden Kreativköpfe
nie eine tiefer gehende Freundschaft aufgebaut haben. Der Aussenstehende
darf sich wundern, wie es Metallica
überhaupt geschafft haben, 20 Jahre zu existieren.
Das zentrale Motto des Films könnte, dank des Zooms auf die Befindlichkeiten
im Bermudadreieck Kirk-Lars-James, denn auch folgendermassen lauten:
"Schön, dass wir darüber geredet haben". Mit dem herausragenden
Kritikerlob auf diversen Festspielen bürden die Juroren dem Film
jedoch etwas zu viel auf. Sicherlich ist die Innenansicht intensiv und
zum Teil auch aufwühlend.
Wer jedoch nicht in einem Wolkenkuckucksheim zuhause ist, hat ebenfalls
mit derlei Problemen zu kämpfen. Verlustangst, Unsicherheit, Zukunftsangst,
usw. Den entscheidenden Unterschied macht die superbekannte Band aus und
eben die Tatsache, dass die Öffentlichkeit nun sieht, welch ein bemitleidenswerter,
unterwürfiger, nach Vermittlung und Zuneigung dürstender Sympath
Kirk Hammett doch ist. Ulrich und Hetfield wechseln sich derweil in der
Rolle des Elefanten im Porzellanladens ab. Im opulenten Extra-Teil des
Zweierpacks verstecken sich jede Menge Extra-Szenen, die jedoch nur bedingt
interessant sind. Wie welche Dynamik in welcher Richtung wen beeinflusst
hat, interessiert nach den vorangegangenen zwei Therapiestunden auf DVD
wohl nur noch den Tiefenpsychologen selbst. Auf jeden Fall aufregender
und wunderschön anzusehen ist hingegen, wie das Trio mit Bob Rock
am Bass vor einem Playoff-Spiel der Raiders die Crowd auf dem Parkplatz
vor dem Stadion rockt. Erst zu diesem späten Zeitpunkt beschleicht
einen das Gefühl, dass der Patient Metallica
nun wirklich über den Berg ist. Diese positiven Emotionen übertrumpft
höchstens noch die Integration Rob Trujillos als neuen Bassisten,
der offensichtlich viel zur guten Stimmung beiträgt. Für den
Fan ärgerlich sind die dilettantischen Untertitel. Den Ausdruck "wenn
wir hektisch spielen" assoziiert nicht jeder sofort damit, dass eigentlich
der Track "Frantic" gemeint ist; unterhalten sich Hammett und
Ulrich über ein "unbenanntes Gefühl" verbirgt sich
(bingo!) "Unnamed Feeling" dahinter. Bei einer Major-Produktion
ist es daher einfach nur nervig, solche Peinlichkeiten lesen zu müssen.
"Some Kind Of Monster" ist - trotz bedrückender Thematik
- ein unterhaltsamer Film, der den Metal-Machismo vom stets besoffenen
Übermenschen geschickt demontiert. Selbst Superfrontmann Heftfield
ist auch nur ein Mensch, der seiner kleinen Tochter beim Ballett zuschaut.
Darf der das? Der darf das ganz sicher, denn, siehe oben, dies ist kein
Film über eine Band, sondern ein Film über Beziehungen.
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BUCH TIPP
And
it don't stop
Dieses Buch ist die definitive Fotocollection der aktuellen HipHop-Künstler,
fotografiert zwischen 1997 und 2004 von Mika Väisänen, dem führenden
deutschen HipHop-Fotografen, der in diesen Jahren immer wieder Zeit in
den USA verbrachte, aber auch in Deutschland, Japan, Holland und Grossbritannien
fotografierte. Mika Väisänen ist seit vielen Jahren selbst Teil
der Szene und hat dadurch einen viel näheren und persönlicheren
Zugang zu den Künstlern als die meisten anderen Fotografen - seine
Arbeit dieser Jahre wird mit diesem aufwändig und hochwertig produzierten
Coffeetable (Hardcover, durchgehend in Farbe und Duplex) zum Bilderbuch
des ganzen HipHop.
Das kongeniale Design von Gizmo - dem Art Director des führenden
deutschen HipHop-Magazins BACKSPIN - und der Text von der HipHop-Legende
KRS ONE über seinen Werdegang und die Entwicklungen im Hip Hop machen
das Buch vollends zum Erlebnis und zu einem MUST HAVE, ergänzt um
Eindrücke von Mika von den Künstlern und Fotoshootings.
Mika Väisänen fotografierte so bekannte Chartstars wie Aaliyah,
Beastie
Boys, Black
Eyed Peas, Busta
Rhymes, Common,
Cypress
Hill, De
La Soul, DMX,
Eminem,
Erykah Badu,
Eve, Fat
Joe, Foxy
Brown, Jay-Z,
LL Cool J,
Mary J
Blige, Masta
P, Public
Enemy, Redman,
Snoop Dogg,
The Roots
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Text-Quellen:
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24.02.2005 16:34:34 / enzo Alle Angaben ohne Gewähr |
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