News Detail: CD: Top Tipps

POP/ROCK / SCHWEIZ
Lovebugs: Naked: Live & Unplugged)
Nach elf Jahren Bandgeschichte, sieben Studioalben und etwa 1000 Konzerte möchten diese Schweizer Sympathieträger mal "was Neues" wagen. Nicht revolutionär, aber bewährt bietet sich die Idee eines Unplugged-Projekts an: "Intim und direkt soll es sein!". Hier beweisen die Lovebugs ihr Können, ohne sich hinter der Lautstärke zu verstecken. Name ist Programm. Die Band steht nackt da: "Naked steht für eine Reduktion bis auf die Knochen. Wir wussten nicht, wo das hinführen würde, aber es war einfach an der Zeit, mal wieder aufzuräumen, Ballast loszuwerden und neu anzufangen", begründet Sänger Adrian Sieber die mühsame Arbeit des Akustik-Arrangements. Im August 2004 konnten die fünf nach neun Monaten Vorbereitung endlich den ersehnten Gig spielen. Ein Erfolg auf der ganzen Linie: Das Theater in Basel füllt sich bis zum Rand mit begeisterten Besuchern, der Ablauf klappt wie am Schnürchen. Anschliessend spricht die Combo von einem der besten Konzerte, das sie je gespielt habe. Das achte Release ist im Kasten. Eine Live- und Unplugged-Scheibe, die einer Studio-Produktion technisch in nichts nachsteht. Auf "Naked" finden sich, wie beim Vorgänger, überwiegend federleichte Popstücke, die eine Gänsehaut und gleichzeitig ein wohliges Gefühl hinterlassen. Textlich schwelgt Adrian Sieber wieder in den schönen Momenten der Liebe: "Herz, Melodie und echten Ausdruck" will er an den Mann bringen.
Unter die Perlen des letzten Jahrzehnts fädeln sich auf "Naked" fünf neue Tracks. Dabei harmoniert die Bryan Adams-artige Stimme perfekt mit dem akustischen Arrangement aus Gitarren, Klavier, Harmonika und Drums. Nur manchmal erinnern die Stücke an Klangkonzepte, wie sie Sonntagmittag durchs Radio in das Ohr eines einsamen Singles dümpeln. Daran hat der Hörer sich bereits tot gehört, es klingt ein wenig abgedroschen. Oder, wie es Kollege Schuh bei Simply Red ausdrückte: "Der vorgebliche Soundtrack für knisternde Liebesnächte dröppelte bei mir meist eher auf's Gemüt wie Nieselregen an die Fensterscheibe". Der Sänger kann sich zumindest damit rühmen, dass seine Stimme das Potenzial des Rotschopfes hat, die Bandbreite reicht von soulig verrucht bis zu frommem Säuseln zu spärlichen Gitarren-Klängen. In die Fussstapfen des inzwischen aufgelösten Duos Roxette tritt die Band mit "'72". Der Track sticht dank gesanglicher Unterstützung von Songwriterin Shirley Grimes und seinem folkloristischen Touch heraus. Trotz Anleihen an gängige Künstler haben die Schweizer mit "Naked" ein astreines achtes Release hingelegt: Von der Bühne aus perfekt aufs Band.
Jetzt bestellen für nur SFr. 23.90 anstatt SFr. 27.90

 

POP/ROCK
Emiliana Torrini: Fishermans Woman
Der konservative Trip Hop-Fanatiker wendet sich mit Grausen ab. Emiliana Torrini hat es doch tatsächlich gewagt, die Trademarks ihres Albums "Love In The Time Of Science" in die Tonne zu kloppen. Statt Downtempo-Beats regiert nun das gepflegte Singer/Songwritertum. Fast nackt präsentiert sich "Fisherman's Woman", meist nur mit einer akustischen Gitarre als Begleitung.
Dabei ist sie mit ihren neuen Songs nicht so weit von ihrem früheren Output entfernt, wie es die Instrumentierung vermuten lässt. Immer noch dreht sich ihr musikalischer Kosmos um schön gestrickte Popsongs, die zu Beginn eher am Hörer vorbeidriften, statt ihn in ihren Bann zu ziehen. Zaghaft setzen sich erste Melodien fest und offenbaren nach und nach die Schönheit der Fischerfrau. Jene macht ab und an die Türe zum Studio, Zimmer, oder wo sie Songs sonst einspielt, auf. Neben einer frischen Brise fürs Komponieren dringt dann allerlei Geknarze und Rauschen ans Mikrofon. Unbeschwert hört sich jedoch anders an. So schwingt mit der Sanftheit auch eine gehörige Portion Melancholie mit, die sich immer wieder zwischen vermeintlich fröhliche Grundstimmungen mischt. "Honeymoon Child" ist so ein Fall und folgerichtig singt Emiliana zum Ende hin auch "it can always turn". Auf der Qualitäts-Skala siedelt sich ihr Material fast durchgehend am oberen Ende an, vom etwas drögen "Heartstopper" einmal abgesehen, das drei Minuten weitgehend auf einem Melodiebogen herum reitet. Diese Flachnummer bleibt jedoch der einzige Ausreisser nach unten. Die Konserven-Beats haben ausgedient, Emiliana spaltet den Trip Hop auf und entscheidet sich nur noch für den Trip. Jener entpuppt sich als ein äusserst intensiver, wenn sie ihre Hörerschaft bei den Ohren packt und sie in ein Universum von verträumt schönen Melodien entführt.
Jetzt bestellen für nur SFr. 27.90

 

SOUNDTRACK / METAL
Soundtrack: Saw
Am 03. Februar kam der Psychothriller "Saw" in unsere Kinos. In der Woche darauf erscheint der dazugehörige Soundtrack, den Ex-Nine Inch Nails-Recke Charlie Clouser zusammengestellt und zum Teil auch komponiert hat. Dass dabei nichts für zarte Gemüter rauskommt, ist wohl klar und bei dem Thema, mit dem sich der Film befasst, auch nicht anders zu erwarten.
Die Tracks von Chimaira, Fear Factory, Caliban und Illdisposed kommen schon in den entsprechenden CD-Reviews zu Ehren, deswegen ein paar kurze Worte zu den hierzulande eher unbekannten Enemy, Pitbull Daycare und Psycho Pomps. Erstere haben mit "Action" einen eher relaxt vor sich hin rockenden Track beigesteuert, der mich etwas an die schwerstens unterbewerteten Union Underground erinnert. Pitbull Daycare gehen nach einem beklemmenden Intro auch sehr groovebetont zu Werke und klingen mit ihren Electroanleihen etwas nach den zu früh von uns gegangenen Flugschädel. Die Psycho Pomps covern mit "Wonderful Word" nicht den Song von Sam Cook aus der Jeans Werbung, sondern steuern einen eigenen, brettharten Electrorock-Brocken bei. Das Hauptaugenmerk des Scores liegt aber ganz klar auf den akustischen Stücken von Charlie Clouser, der seine Vergangenheit bei Nine Inch Nails weder verleugnet noch zu sehr in den Vordergrund spielt. Die düsteren und beklemmenden Szenarien, die Clouser dabei akustisch entwirft, dürften den visuellen kaum in etwas nachstehen. Während "Hello, Adam" und "Last I Heard" noch sehr spärlich instrumentiert und bedrohlich sind, erklingen in "Revearse Beartrap" neben diesen Elementen auch die ersten heftigen Gitarren. Die sind in "We're Out Of Time" und "Fuck This Shit" erneut zu hören und werden von einem alten Bekannten, nämlich Helmets Page Hamilton geschreddert. Die beiden mit Streichern arrangierten "Hello Zepp" und "Zepp Overture" lassen den Soundtrack schliesslich recht ruhig, aber immer noch mit einer gewissen Hintergrundspannung ausklingen. Wer an dem Streifen seine Freude hat, der sollte sich den dazugehörigen Score jedenfalls nicht entgehen lassen.
Jetzt bestellen für nur SFr. 27.90

 

HIP HOP/RAP
Game: The Documentary
50 Cent-Klon oder Heilsbringer des Westcoast Rap? Über Dr. Dre-Entdeckung und G-Unit-Mitglied Jayceon Taylor aka The Game scheiden sich seit einigen Monaten die Tupac-Geister. Und der Newcomer des noch jungen Jahres arbeitet mit seinem Debüt "The Documentary" auch weiterhin daran, dass dies auch schön so bleibt. Lässig und furchtlos fährt er mit dem Gangsta-Funk auf "Westside Story" durch sein Ghetto. "I got compton on my back", nimmt der "Gangsta Til He Dies" kein Haschblättchen vor den Mund, während ihn seine Labelbosse Dre und Fifty höchstpersönlich eskortieren. Für den dre'schen Standard-Beat hält Game zwar seinen lässigen Reibeisen-Flow noch auf Sparflamme, auf dem zerbrechlich wirkenden, aber pimpig rollenden Monster-Tune zu "How We Do" flowt er aber mit Fifty auf Top-Level. Die beiden Seelenverwandten legen beim ohrwurmend groovenden "Hate It Or Love It" noch eine Schippe drauf. Die Westküste ist definitiv "Born To Roll", mit Prinz Game am Steuer. Doch im Gegensatz zu Buddie 50 Cent, der sich auf seinem Debüt "Get Rich Of Die Tryin'" strikt ans Gangsterimage hielt, möchte The Game bereits jetzt seine Liebe zur gesamten Hip Hop-Kultur deutlich machen und sich auch als Lyricist präsentieren. Leider.
Zwar gelingen Kanye West mit "Dreams" und Mobb Deeps Havoc "Don't Need Your Love" wie immer superb soulige Kopfnicker, auf denen sich Game gut präsentieren kann. Doch der Album-Flow geht im Anschluss irgendwo zwischen rumpligen Old School-Rhythmen von Jay-Z-Produzent Just Blaze ("Church For Thugs", "No More Fun And Games") und langweiligem Timbaland-Studioausschuss ("Put You In The Game") verloren. "The Documentary" cruist selbst bei G-Funkern wie "Where I'm From" oder "Special" nur noch im Schneckentempo - The Game ist kein Nas, der aus mageren Beats stimmige Songs heraus kitzelt. So wird er auch auf "Runnin" (Tony Yayo), "Like Father Like Son" (Busta Rhymes), "We Ain't" (Eminem) und "Don't Worry" (Mary J. Blige) von seinen Gästen lyrisch geschlagen. Kein Ruhmesblatt für einen potenziellen Heilsbringer der Westcoast. Positiv allerdings fällt auf, dass The Game die 50 Cent-Masche, zu Beginn seiner Karriere möglichst vielen Rap-Kollegen auf die Baggy-Jeans zu treten, gänzlich von seinem ersten Album verbannt. Positiv für ihn selbst ist zudem, dass er in der ersten Woche knapp 600.000 Alben verkaufen konnte. Wie Kollege Fifty.
Jetzt bestellen für nur SFr. 19.90 anstatt SFr. 23.90

 

DISCO / DANCE
LCD Soundsystem: LCD Soundsystem (2 CD)
Als James Murphy 2002 mit seinem Alter Ego LCD Soundsystem und dem Track "Losing My Edge" erstmals ein Ausrufezeichen setzt, heisst es seitens der um ein Superlativ bemühten Musikpresse, Murphy sei der "Pharell Williams des Punk-Funk". Dabei hatte er lediglich langjährige Erfahrung als versierter Produzent und Live-Mischer von Punkbands, ist aber auch mit dem Wissen um Post-Punk und New Yorks musikalischem Erbe von No Wave, Disco & Co. vertraut. Also riss er das sich im Dornröschenschlaf befindliche Genre Dance-Rock aus allen Träumen, um diesem - prêt-à-porter - ein knackigeres Kleid überzuziehen. Ehre, wem Ehre gebührt. Nicht anders verhält es sich mit dem selbstbetitelten Albumdebüt von LCD Soundsystem, auf dem Murphy den zuvor eingeschlagenen Weg fortführt, überdies um eine garstig-dreckige Note erweitert. Dabei fällt in seinen Texten neben den Seitenhieben gegen "new stylish creeps" und New Rock-Gitarrenbands sowie anderen, etwas schrillen Nebentönen besonders der sarkastisch-ironische Humor auf, der auch vor der eigenen Person nicht Halt macht. Ebenso weist sein nölender, mit leicht britischem Einschlag vorgetragener Gesang auffallende Ähnlichkeiten mit Mark E. Smith auf, dem Frontmann von The Fall. Kein Wunder, zählt er diese doch zur besten Rock'n'Roll-Band neben Velvet Underground. Überhaupt hat Murphy keine Berührungsängste davor, andere Musikerkollegen und deren Ergüsse zu zitieren. So erinnert "On Repeat" durchaus an das Talking Heads-Stück "I Zimbra", während das süsse "Never As Tired As When I'm Waking Up" Erinnerungen an die Beatles weckt. In der Hauptsache indes verlässt sich das LCD Soundsystem nicht auf Zitate, vielmehr liegt das Augenmerk darauf, frische bzw. überzeugende Akzente zu setzen.

In diesem Zusammenhang zeigt sich nahezu allgegenwärtig ein Instrument, das dem Album den für Murphy- sowie DFA-Produktionen charakteristisch-typischen Drive verpasst: der Bass. Fast kein Stück auf der Platte, das nicht durch einen prägnant aufdringlichen Basslauf besticht: "Daft Punk Is Playing In My House" (Daft Punk spielen in meinem Keller - coole Idee eigentlich), das tanzbare "Tribulations" oder "Movement" mit seinen Eruptionen seien hier als Beispiel erwähnt. Darüber hinaus liefert die Plattenfirma die bisher nur auf Vinyl erhältlichen Tracks "Losing My Edge" und "Beat Connection" nach. Damit dürfte es für die Party endgültig keine Startschwierigkeiten mehr geben. Dem nächsten Vergleich mit Herrn Williams kann James Murphy gelassen entgegen sehen.
Jetzt bestellen für nur SFr. 19.90 anstatt SFr. 23.90

 

POP/ROCK / DEUTSCH
Annett Louisan: Boheme
Wie aus dem Nichts säuselt seit geraumer Zeit eine bislang unbekannte Stimme sinnlich und lasziv das Bekenntnis "Ich will doch nur spielen". Die Zahl der Radiosender, die den Song "Das Spiel" ins Programm nehmen, wächst stetig. Und während man langsam beginnt, rettungslos dieser süffigen Verführung samt ihrer Widerhaken zu verfallen, liegt auch schon das erste Album der 25-jährigen Newcomerin Annett Louisan vor. Eine nicht unerhebliche Anzahl junger deutschsprachiger Bands und Künstler enterten in der Vergangenheit sehr erfolgreich Charts und Hörerherzen. Dies liess Blumfelds Jochen Distelmeyer in einem unlängst veröffentlichten Pamphlet schon argwöhnen, dass eine "neue Deutschtümelei" drohend den nationalen Musikhimmel verfinstere. Nun taucht da wieder ein debütierender Name auf, der in einem Interview auch noch bekennt: "Der Hauptgrund, weshalb ich mich entschieden habe, deutsch zu singen war, dass ich gemerkt habe, dass man in seiner eigenen Muttersprache einfach viel mehr ausdrücken kann. Man hat viel mehr Möglichkeiten, mit Gefühlen zu spielen und Ideen rüberzubringen ..." Ist Annett Louisan damit des vom gestrengen Distelmeyer überall gewitterten Post-Germanentums schuldig? Mitnichten. Eher erweist sich dieser Standpunkt als eine sehr erfreuliche und vor allem normale Entscheidung. Ihre Liederlichkeiten überraschen und gefallen durch die grosse Fülle an frischen, griffigen Formulierungen und so manch originellem Textbonmot. Vom Händchen für einprägsame Melodiebögen ganz zu schweigen. Annett Louisans Stimme polarisiert sicherlich. Entweder man liebt sie oder verwünscht sie schon jetzt in finsterste Abgründe musikhistorischer Verdammnis. Tatsächlich aber ist ihre ganz eigene Art der Interpretation bereits mit dem ersten Werk unverwechselbar. Die 1,52 Meter kleine Sängerin entführt den geneigten Hörer mit kokett gehauchten Bekenntnissen und charmant intonierten Boshaftigkeiten in eine musikalische Welt, die nun gar nichts mit einer gängigen und möglichst umsatzkompatiblen neuen deutschen Poprock-Intention zu tun hat. Sparsam-effektiv instrumentiert mit z. B. Gitarre, Kontrabass, Violine und dezentem Schlagzeug schafft Produzent und Texter Frank Ramond eine sehr entspannte Atmosphäre, die niemals in Belanglosigkeiten austauschbarer Easy Listening-Beliebigkeiten abgleitet. Im Gegenteil. Jeder der 13 Songs auf dem Album (darunter der Radiomix von "Das Spiel") besticht durch seine liebevolle, filigrane Note in den eleganten, zum Teil folkangehauchten und stark von französischen Chansons inspirierten Arrangements. Gut gesetzte Jazzsplitter lockern zusätzlich auf. Harte (musikalische) Töne sucht man hier vergebens; selbst eine sporadisch eingesetzte E-Gitarre bleibt stets dezent und höflich im Hintergrund. Bei den Texten ist das dann schon eine ganz andere Sache. Es ist eine breite Palette weiblicher Befindlichkeiten, die Annett mal augenzwinkernd, mal nachdenklich, mal verspielt, aber durchweg gelungen und glaubwürdig vorstellt. Zunächst scheint es, dass die Männer gar nicht gut wegkommen bei der Wahlhamburgerin: "Ich halte durch/und Du den Mund" ist das Fazit gegenüber dem nur optisch ansprechenden Gelegenheitslover in "Der Schöne". Sie gibt auch das Tempo vor: "Du solltest nicht mehr zögern/keine Zeit mehr verlieren/morgen kannst Du mich vielleicht nicht mehr domestizieren" wird der Partner in "Die Gelegenheit" zurechtgewiesen. "Die Katze" kommt dann endgültig zur Sache: "Sie zählt Deine Mäuse/sie mordet sie leise/und gründlich". In "Die Dinge" stellt Mademoiselle Louisan schliesslich fest: "Ich brauch sehr viel Nähe/und die möglichst komplett/Mit Dir kann man gut reden/doch er ist gut im Bett." Starker Tobak! Aber man kann Annett als Mann nicht böse sein, selbst bei so harschen Worten. Denn derart entwaffnend, wie sie diese Zeilen dahinschnurrt, ist Widerstand wahrhaftig zwecklos. Zumal sie sich oft genug auch von der anderen Seite gibt, denn : "Ich werde gern verführt/bin schliesslich nicht aus Eis/ich bin nicht kompliziert/Du knackst mich garantiert … wenn Du die Formel weisst". Diese Formel ist gut versteckt in den Tracks von Bohème, durchaus als gewisser Leitfaden zu sehen, aber zu 100 Prozent wird man(n) dann doch nicht fündig. Was natürlich den Reiz des persönlich Interpretierbaren weiterhin wohlkalkuliert offenhält. Ein besonderes Highlight ist das treffend instrumentierte und amüsant getextete "Die Katze", zeigt Annett doch eindrucksvoll, wer die wahre Catwoman ist. Miau! Glänzend umgesetzt in "Das Gefühl" die Idee, das (mal wieder) ganz grosse (Liebes)Gefühl als beliebiges, immer wieder austauschbares Warenhauskleidungsstück zu interpretieren: "Ewigkeiten kommen und gehen/hab sie mehr als einmal anprobiert/ hier zu eng/da zu streng/irgendwo kneift es mich/zu skurril/nicht mein Stil/das Gefühl/steht mir nicht." In "Daddy" führt Annett eine Art imaginäres Gespräch mit dem Vater, den sie im wirklichen Leben (als Folge der frühen Scheidung ihrer Eltern) nie hatte, und dies nicht in einer weinerlichen, betulichen Liedermachertradition, sondern - eben ganz und gar Louisan. Und damit überzeugt "Bohème" als in sich stimmiges, intensives und schon erstaunlich abgeklärtes Debüt. Ein paar wenige Längen dann und wann seien herzlich gern verziehen, wenn man dafür eine ungewöhnlich hohe Zahl an hörenswerten, überzeugend präsentierten Songperlen erhält, die sich zudem noch durch einen sehr hohen Grad an Intimität und Frische auszeichnen. Also, Jochen Distelmeyer: Nur keine Angst! Annett Louisan will ja schliesslich nur spielen. Und: Seit Marylin Monroes "I Wanna Be Loved By You" hat niemand mehr den Hörer so verführerisch mit sinnlichen Bap-Di-Bap-Da-Baba-Dibu-Süssigkeiten betört.
Jetzt bestellen für nur SFr. 19.90

 

POP/ROCK / ALTERNATIV
3 Doors Down: Seventeen Days
Schon der Vorgänger mutete ruhiger an. Auf "Seventeen Days" scheint es jedoch, als hätten die vier Rocker balladeskes Songwriting perfektioniert. Mit rührseligen Melodien und tragischen Texten drücken die Jungs aus Escatawpa, Mississippi, fast durchgehend auf die Tränen-Drüse.
Älter und erwachsener sind sie geworden. Klampfer Chris wechselt inzwischen lieber Windeln, als auf die Pauke zu hauen. Sex, Drugs & Rock'n'Roll gehören der Vergangenheit an: "Es tut uns leid, jeden enttäuschen zu müssen, der denkt, wir sind wild und verrückt, denn wir sind es nicht". Von College Rock keine Spur mehr. Man darf 3DD getrost in die pop-rockige Schublade umsortieren.
Sänger Brad Arnold schwächelt dagegen auch auf dem vierten Release nicht. Seine kraftvolle Stimme rettet die Platte über drucklose Parts hinweg. Fast immer gibt er sich textlich den melancholischen und traurigen Momenten hin: "Sie handeln von Einsamkeit und solchen Sachen - und das ist Teil des Blues. Da wir aus Mississippi kommen, sogar aus einer recht kleinen Stadt Mississippis, sind wir sehr stark durch diesen Musikstil kultiviert worden. Wir hörten als Kinder keinen Rockradio; du hörtest zwar ein bisschen Country, aber eben sehr viel Blues". Songs wie "Never Will I Breake" funktionieren dabei für sich genommen sehr gut. Eingängige Melodien, prägnante Bassläufe, Gitarren-Soli und härtere Riffs überzeugen, auch der Drummer bedient sich aus der Trickkiste und bringt seine Sticks mal wieder richtig in Bewegung. Einige Breaks gestalten den Track noch vielseitiger. Leider geht den vier Amerikanern danach die Luft aus. Schnell verschwimmen die zwölf Stücke zu ein und dem selben Brei. Die US-Senkrechtstarter gestalteten "Seventeen Days" sehr massenkompatibel. Ob das wirklich nur dem höheren Lebensalter oder auch den zu erwartenden Verkaufszahlen in den Staaten zuzuschreiben ist, sei dahin gestellt. Jedenfalls treten 3 Doors Down mit "Seventeen Days" immer deutlicher in die Fussstapfen bewährter Combos. Creed und Nickelback haben es vorgemacht, mit relaxtem Rock die Masse anzusprechen.
Jetzt bestellen für nur SFr. 19.90 anstatt SFr. 23.90

 

ALTERNATIV
Feeder: Pushing The Senses (CD & DVD))
Haben Coldplay jüngst ein Buch mit dem Titel "Melancholisches Songwriting für jedermann" veröffentlicht? Diese Frage schwirrt durch meinen Kopf während "Pushing The Senses" im Laufwerk seine Runden dreht. Feeders sechstes Studioalbum ist ein nachdenklicher und zurückhaltender Neuanfang nach dem Freitod des alten Trommlers John Lee. Bei den Aufnahmen zur letzten Platte war dieser noch beteiligt. Der aktuelle Longplayer ist also Album Nummer Eins nach seinem Ableben. "Pushing The Senses" produzierte zwar zu grossen Teilen wieder der langjährige Mitstreiter Gil Norton (Pixies, Foo Fighters). Doch die Platte entwickelt eine geradezu triefende Melancholie, die alten Feelgood-Outputs wie "Echo Park" oder "Yesterday Went Too Soon" völlig abging.
Die erste Single "Tumble And Fall" gibt ein gutes Beispiel, was der Hörer vom Album erwarten kann. Ein reich unterlegter Song mit Gitarren voll kalifornischer Sonne und Lyrics voll britischem Dauerregen, den Fran Healys Mitwirken komplettiert. Das gleiche Prinzip wenden Feeder bei der darauf folgenden Ballade "Tender" an, nur dass hier ein Piano-Intro Grant Nicholas' zarter Stimme vorauseilt. Keane? Nein, Feeder. Und eine bezeichnende Stelle in den Lyrics: "Turn Over Everything, Time Can Heal Us Again, I'm Tender In Your Arms" - der textgewordene Wunsch der Band, die Vergangenheit endlich abzustreifen. Doch obwohl das Album insgesamt sehr ruhig und erwachsen wirkt, gibt es immer noch ein paar Gute-Laune-Songs, die das alte Feeder-Feeling verbreiten. Der Titeltrack "Pushing The Senses" zum Beispiel. Das ist der alte, unbeschwerte Power-Pop mit griffigem Refrain und treibenden Riffs. Genau wie "Pilgrim Soul", ein echter Old School Feeder-Track, der ein freches Spiel mit der Lautstärke und verzögert einsetzenden Riffs spielt - ein Hit. "Pushing The Senses" schert sich nicht um die Vergangenheit von Feeder, sondern setzt zum selbstbewussten Neustart in ruhigeren Gefilden an. Es ist eine gereifte, erwachsene und besonnene Platte, die alte Fans abschrecken, aber auch viele neue hinzugewinnen dürfte.
Jetzt bestellen für nur SFr. 28.90

 

POP/ROCK
Bloc Party: Silent Alarm (CD & DVD)
Wenn er nicht gerade mit Blumfeld um die Ecke kommt, kann man sich auf den Musikgeschmack meines Freundes Björn absolut verlassen. So auch, als er mir eine EP von Bloc Party vor deren Support-Gig für Interpol in die Hand drückte. Inzwischen sind Bloc Party längst dem Status des Geheimtipps entwachsen, sollte man in diesen Tagen noch jemandem als gut gemeinten Tipp mal eine EP der Londoner Band mitbringen, erntet man wohl nicht mehr als ein wissendes Lächeln. Nicht nur die mit Bravour bestandene deutsche General-Probe von Bloc Party bei der genannten Interpol-Tour dürfte an diesem Hype schuldig sein. Allen voran sind es die unerhört mitreissenden Über-Hits "Helicopter" und "Banquet", die schon längst die Dancefloors der Indie-Welt erobert haben. Das Debüt "Silent Alarm" zeigt nun, dass Bloc Party auch noch etwas anders können, als lupenreine Knaller zu schreiben. In dreizehn Tracks mischen die Jungspunde Dance, Punk, New Wave, straighten Rock - sie wissen eben, dass man nie genug Robert Smith (Cure) sein kann.
Zwischen den grossartigen Auf-Die-Zwölf-Hits blitzt mit Songs wie "So Here We Are" oder dem wunderschön-tragischen "This Modern Love" auch eine etwas ruhigere, sphärische Seite der Band durch. Überhaupt ist alles so geschickt arrangiert und abgestimmt, man achte nur darauf, wie die zwei Gitarren in "Banquet" geradezu miteinander spielen. Neben den wirbelnden Gitarren beeindruckt vor allem das unglaubliche Drumming von Matt Tong. Wann fällt einem als Nicht-Schlagzeuger schon mal auf, wie wichtig dieses Instrument für den Gesamteindruck und den Flow der Songs ist? Was gerne überhört wird, ist bei "Silent Alarm" überaus offensichtlich: die straighten und präzisen Schläge mit ihren Off-Beats sind eines der prägendsten Elemente des Bloc Party-Sounds. Ja, sie sind tight as fuck, enorm vielseitig und so stringent, dass der Sound von Bloc Party zur unverwechselbaren Marke wird.
Jetzt bestellen für nur SFr. 25.90

 

MUSIK DVD - HIP HOP/RAP
Snoop Dogg: Puff Puff Pass Tour
Snoop Dogg ist eine der kontroversesten Gestalten des Hip Hops. Seine Beatauswahl und Skillz konnten nur schwer mit anderen Grössen seiner Zeit mithalten. Es gibt zwei Gründe, warum der Name dennoch für immer mit der Hip Hop-Szene der 90er verbunden sein wird. Erstens machte er gemeinsam mit dem dichten Duo Method Man/Redman den öffentlichen Marihuanakonsum gesellschaftsfähig und begründete sogar das Klischee des ständig kiffenden Rappers. Zweitens war Snoop schon immer ein hervorragender Geschäftsmann mit einem glücklichen Händchen für den richtigen Veröffentlichungstermin von Image-unterstützenden Filmen und Platten. Statt seine Live-Tour einfach zu veröffentlichen, legt Snoop andere Schwerpunkte. Die "Big Snoop Dogg's Puff Puff Pass Tour"-DVD ist nach Hunter S. Thompsons Vorbild eher eine Reportage über eine Drogenreise als eine herkömmliche Tourverfilmung. In zahlreichen Interviews erzählen Snoop, Nate Dogg, Warren G und die anderen üblichen Verdächtigen eigentlich nichts musikalisch Relevantes. Dafür vernichten sie Marihuana in Mengen, die vermuten lassen, sie hätten ihren eigenen holländischen Drogenanbauer als Roadie am Start. Auf der NORML-Konferenz kommen auch Rotaugen zu Wort, die eigentlich keiner mehr ernst nimmt, etwa Ed Rosenthal, der Chef des "High Times"-Magazins Steve Bloom, oder Jack Herre, nach dem in den Niederlanden sogar Weed-Sorten benannt sind. Die ganze High Society der Hanf-Aktivisten sozusagen. Musikalisches braucht man hier nicht erwarten. "Watch as Snoop takes the camera where no camera has gone before. See an aggressive Snoop shoot hoops and a more sensitive Snoop as he coaches his son's kiddy football team", verspricht der Umschlagstext. Nun mögen derartige Einsichten ins Privatleben für MTV-Primetimebenutzer das Nonplusultra darstellen. Aber sorry, wen interessiert der Scheiss sonst? Man glaubt es kaum, aber der Doggfather schafft es dann doch noch, die Blubber beiseite zu legen und ans Mikrofon zu schlurfen. Dort gibt er mit der Power einer komatösen Weinbergschnecke fünf Tracks zum Besten. Gekürzt natürlich. Vielen Dank auch. Untertitel gibt's ebenso wenig wie was Anständiges auf die Ohren. Dafür jede Menge weissen Rauch und uninteressante Backgroundinfos. Andere Rapper mögen ihr Geld für Shit ausgeben, Snoop Dogg macht aus Scheisse Zaster.
Jetzt bestellen für nur SFr. 32.80

 

BUCH TIPP
Ray: Die Autobiographie
Er gilt als Erfinder der Soul-Musik, gewann bis zu seinem Tod im Juni 2004 zwölf Grammys und war einer der ersten schwarzen Musiker, die es in einem von Weissen beherrschten Geschäft zum Superstar brachte. Mit einer intimen und direkten Stimme erzählt Ray Charles in seiner packenden Autobiographie die Geschichte seines Lebens, von der Chronik seiner musikalischen Entwicklung über seine Heroinabhängigkeit bis zu seinem ausschweifenden Liebesleben.
David Ritz ist einer der bekanntesten Musikjournalisten der USA. Er schrieb verschiedene Biographien. 1992 erhielt er einen Grammy für die von ihm geschriebenen Texte zu Aretha Franklins Schallplatten.
Jetzt bestellen für SFr. 21.90

 
Text-Quellen: Diverse
17.02.2005 14:59:30 / enzo
Alle Angaben ohne Gewähr
Zur Monatsübersicht



Wird aktuell angeschaut...
 

Zurück zur letzten Ansicht


AGB | Datenschutzerklärung | Mein Konto | Impressum | Partnerprogramm
Newsletter | 1Advd.ch RSS News-Feed Newsfeed | 1Advd.ch Facebook-Page Facebook | 1Advd.ch Twitter-Page Twitter
Forbidden Planet AG © 1999-2024
Alle Angaben ohne Gewähr
 
SUCHEN

 
 Kategorien
Im Sortiment stöbern
Genres
 Infos
Mein Konto
Warenkorb
Meine Wunschliste
 Kundenservice
Recherchedienst
Gutscheine kaufen
Fragen / AGB / Kontakt
Partnerprogramm
Impressum
© by Forbidden Planet AG 1999-2024
Jetzt auch mit BitCoin bestellen!