News Detail: CD: Top Tipps |
SCHLAGER
James
Last: They Call Me Hansi
James Last
ist in. Selbst im Greenwich Village lässt sich zu horrenden Preisen
ein Vinyl namens "Voodoo Party" auftreiben. Viele Krauts können
das nicht von sich behaupten. Der mittlerweile 75-jährige Orchesterchef
prägt die deutsche Unterhaltungsmusik seit den 50ern. Ungezählt
seine Veröffentlichungen, die sich millionenfach und überall auf
der Welt verkauften.
James Last-Arrangements
kennt jeder. Für das junge Pop-Publikum wurde der Jazz-Bassist aber
erst durch die Hip Hopper Fettes
Brot ein Thema, die Ende der Neunziger zum Hörer griffen und
die Kooperation "Ruf Mich An" anleierten. Inzwischen gelten Lasts
Platten als beliebte Sample-Quelle. Mit Hilfe des Herbert
Grönemeyer-Produzenten Alex Silva legt er 2004 sein Jubiläumsalbum
"They Call Me Hansi" vor. Dazu posiert der gebürtige Bremer
- von Anton Corbijn inszeniert - im düsteren Country-Look wie Kult-Star
Johnny Cash
persönlich. Assoziieren viele mit seiner Marke vor allem TV-Musik,
zeichnet Last aber auch für Klassiker wie "Der Einsame Hirte"
(Kill Bill
Vol. 1) und kenntnisreich angeswingte Traditional- oder Opern-Interpretationen
verantwortlich und lud nun vornehmlich den Pop-Nachwuchs ins Studio.
Für Fans wohl am schwierigsten nachzuvollziehen dürfte der storytellende
RZA-Beitrag sein.
"Lonely shepard is one of the most versatile music movement arrangement
that I have experienced ... A theme for a champion", so der Wu-tang
Clan-Großmeister. Rapper haben eben eine Ader für Blockbuster-taugliche
Melodien. Das modern programmierte, mit Jan
Delay (Beginners)
eingesungene "Halt Es Fest (Fantasy 2004)" offenbart dann die
Stärke des Big Band-Leaders: seine raumgreifenden, rhythmisch akzentuierten
Streicher- und Bläsersätze sind perfekt getimet und bestechen
durch Zeitlosigkeit. Herbert
Grönemeyer klingt auf englisch zwar nicht so überzeugend
wie auf deutsch. "Live Again/Immer Und Nochmal" wurde dennoch
eine ergreifende Popnummer. Auch mit Tom
Jones entwickelt Last eine beneidenswerte Dramaturgie zwischen Hip
Hop-Beat und Pop-Arrangment. Es gibt eben nur gut oder schlecht gemachte
Musik. Ein Tenor vom Können des Opernstars Luciano
Pavarotti braucht natürlich keinen Groove, um seine Stimme
zu entfalten. "Everything Reminds Of You" mit Xavier
Naidoo wächst von Takt zu Takt und jubiliert geradezu zwischen
Easy Listening und kräftigem Soulpop. Jazz-Trompeter Till Brönner
bleibt als einziger dem Tanzorchester-Format treu. Nina
Hagen will dagegen nicht recht mit Lasts Musik harmonieren, und
auch der elfenhafte Beitrag der jungen Neuseeländerin Hayley Westenra
gerät zu esoterisch. Dass Hansi ein Stück für den King schrieb
("Fool"), bleibt zum Schluss eine nette Fußnote der deutschen
Musikgeschichte. "They Call Me Hansi" klingt für einen massenverträglichen
Haudegen wohltuend modern: niveauvolle Popmusik für 8- bis 80-Jährige.
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HEAVY
METAL / DEATH-/TRASH METAL
The
Haunted: Revolver
Im Hause The
Haunted stehen die Zeichen auf Sturm. Nicht nur, dass mit Peter
Dolving der alte Sänger wieder zur Band zurück gekehrt ist, mit
Century Media haben sie auch ein Label im Rücken, das dafür bekannt
ist, wirklich an seine Bands zu glauben. Und dieser Glaube ist bei The
Haunted durchaus gerechtfertigt, denn die Schweden legen mit "rEVOLVEr"
ein extrem abwechslungsreiches Album vor, das weder in punkto Sound, Härte
oder Melodie irgendwelche Abstriche macht. Das geht nicht, denkt ihr? Dann
pfeift euch das Teil mal rein. Der Opener "No Compromise" ist
mit seinem Titel schon mal Programm und gehört fraglos zur Abteilung
Schädelspalter. Gleiches gilt für den Old-School-Thrasher "Sabotage"
oder das ultrabrutale "Sweet Relief". Die größten Schäden
dürfte die Nackenmuskulatur jedoch bei Songs der Marke "99",
oder dem treibenden "All Against All" davon tragen. Zwar spielt
Geschwindigkeit hier nur ein untergeordnete Rolle, jedoch fahren einem die
Grooves dermaßen in Gebein und Genick, dass man schon tot über'm
Zaun hängen muss, um eine anständige Ausrede für ausbleibendes
Nackenrotieren zu haben.
Für die großen Überraschungen und am meisten Abwechslung
sorgen aber "Abysmal" oder "Burnt To A Shell". Während
ersteres noch mit deutlicher Slayer-Schlagseite
daher kommt und erstmals Peters variabel Stimme zur Geltung bringt, könnte
"Burnt To A Shell" sogar aus der Feder von Muskelzwerg Glen Danzig
stammen. Die markanten Soli von Anders Björler lassen letztendlich
aber doch nie einen Zweifel daran, mit wem man es hier zu tun hat.
Für "Who Will Decide" haben sich The
Haunted mit Sick
Of It All-Schreihals Lou Koller noch eine Unterstützung geholt,
der dem Mitgröler noch ein anständiges Maß Credibility zufügt.
Klingt das alles schon recht aufregend und unterhaltsam, so wird es mit
Sicherheit der Rausschmeißer "My Shadow" sein, der für
die größte Hallos sorgt. Von einem für The
Haunted untypischen Song zu sprechen, wäre noch untertrieben,
vor allem Peters Vocals sind außergewöhnlich. Einer der experimentellsten,
aber auch interessantesten Tracks des Albums.
The Haunted
haben es mit "rEVOLVEr" wieder einmal geschafft, sich als Vorreiter
der Szene zu etablieren und, ohne auf der Stelle zu treten, ihre Trademarks
zu transportieren. Ein Highlight des modernen Thrash-Metals.
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DEUTSCH
/ PUNK
Die
Toten Hosen: Zurück Zum Glück
Es gibt ja diese Theorie, nach der das kollektive menschliche Bewusstsein
so tickt, dass es immer wieder Zeiten gibt, in denen wegweisende Erfindungen
an mehreren Ecken der Welt gleichzeitig passieren. Man denke an Benz und
Daimler, die in etwa zur selben Zeit das Töff entdeckten, oder Nikola
Tesla und Thomas Alvar Edison mit ihren Wechsel- bzw. Gleichstromaggregaten.
Das auf Musik zu übertragen, ist nicht schwer. Punk und Metal standen
sich ja Äonen lang spinnefeind gegenüber. In letzter Zeit nähern
sich beide Lager aber an, eine zärtliche Liebesbeziehung scheint plötzlich
möglich. Erst veröffentlichen die Ex-Spaßpunker von Sum
41 ein fast schon beängstigend gutes Stück Metal, und
jetzt kommen auf einmal die Hosen hinter der längsten Theke der Welt
hervor, kloppen den Punk fast komplett in die Tonne und warten mit Hartwurst-Riffs
auf, die sich mit Ako Pads gewaschen haben. Die Evolution vom Punk zum Rocker
vollzieht "Zurück Zum Glück" in logischer Konsequenz.
Die Toten Hosen
führen fort, was sie mit "Unsterblich" und nicht zuletzt
in ihrem "Auswärtsspiel" andeuteten. Die lyrische Selbstreflexion
benutzt Campino immer wieder als stilistisches Ausdrucksmittel. Trotz Unterstützer
Funny Van Dannen gleiten seine Ergüsse nicht in hochgestochene Intellektuellen-Gefilde
ab; die Fans werden es ihm danken. Selbstzweifel, Liebeskummer und Wut sind
die Emotionen, die die Musik beherrschen, und so nimmt es auch nicht Wunder,
dass DTH nach über 20 Jahren Bandgeschichte bodenständiger denn
je klingen. Ob als Ausdruckmittel der hormonellen Verwirrungen nun Punk,
Metal, simpler Rock, oder sogar Instrumente wie Cello und Geigen ("Die
Behauptung") herhalten müssen, ist in erster Linie vollkommen
egal. Zwei Dekaden unermüdlichen Songwritings lassen bei den Düsseldorfern
keine großen Verschleißerscheinungen erkennen. Hymnen, schmissige
Refrains und Singalongs prägen immer noch ihr Repertoire. Soll man
ihnen etwa vorwerfen, dass sie in der Wahl ihrer Mittel etwas einfallsreicher
geworden sind? Aber bitte doch! Die Ramones
sind Geschichte, und Motörhead
gibts eben nur einmal. Also danken wir den Toten
Hosen für ein solides Album. So halten es Campino und co. wie
ihre Kollegen im Geiste und machen einfach das, was sie wollen: Metal. Aber
halt! Machen, was man will, ist das nicht schon wieder Punk? Ach leckt mich
doch!
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POP/ROCK
/ KLASSIK
Pur:
Pur - Klassisch - Live Auf Schalke 2004
In der Gelsenkirchener Fußballarena 'Auf Schalke' feiern Pur
einen Rekord nach dem anderen. Bereits 2001, zum 20-jährigen Bandjubiläum,
zelebrierten sie dort mit 72.000 Fans ein berauschendes Fest. Drei Jahre
später verdoppelt sich die Zuschauerzahl auf 150.000. Deren 300.000
Ohren lauschen dabei einem Konzertspektakel, das in der Pur-Historie
einen fulminanten Höhepunkt markiert. Bei den Konzerten, die im September
2004 stattfanden, werden Pur
unterstützt von Heinz
Rudolf Kunze ("Bis der Wind sich dreht"), Fool's
Garden ("Freunde", "Hab mich wieder mal an dir betrunken")
und der Schweizer Soulröhre Nubya.
Den Clou des Spektakels stellt jedoch das symphonische Konzept dar. Unterstützt
vom 41-köpfigen German Pops Ensemble inszenieren Hartmut Engler &
Co. ihre Deutschrock-Hit-Palette im Streicher-Gewand. Drei Monate haben
Gitarrist Martin Ansel und Bandkollege Ingo Reichl an den Arrangements gearbeitet.
Eine rein instrumentale Ouvertüre eröffnet wohlklingend die Show,
deren Live-Atmosphäre exzellent eingefangen wurde. Bei allen 13 folgenden
Pur-Evergreens
stimmt die partylaunige Menge lauthals mit ein. Dabei beschränken sich
die Mitsing-Orgien keineswegs auf die Refrains. Der gesamte Text wird vom
frenetisch feiernden Publikum übernommen. Hartmut Engler genießt
es und scheint aus des Volkes Seele zu singen, wenn er "Abenteuerland",
"Drachen sollen fliegen" und all die anderen Hits zelebriert.
Das bestätigt beeindruckend der 150.000 Stimmen starke Chor.
Da das Konzept 'Rock meets Klassik' nicht neu ist, hält sich der Innovationscharakter
in überschaubaren Grenzen. Für meinen Geschmack suggerieren Hartmut
Englers Texte im symphonischen Gewand eine etwas zu dick aufgetragene Dramatik,
die es nur eingefleischten Fans erlaubt, sich in verklärte Entzückung
zu versetzen. Für eben diese und ihre heimische Pur-Sammlung
ist "Pur-Klassisch"
gedacht und gemacht.
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POP/ROCK
Tom
Waits: Real Gone
"'Metropolitan Glide'" geht auf eine lange Tradition von Tanzlehrstücken
zurück", erzählt Tom
Waits in einem Interview. Es gibt da "den 'Low Bottom', den
'China Moon', den 'Black Swan', den 'Way Too Soon'". Aber auch "den
'Ace Pocket', 'Dog Bone Gone', 'Peacock' und den 'Mean Black Swan', der
wiederum anders geht als der 'Black Swan'. Es stecken also eine ganze Menge
Informationen in diesem Song." Stammten die Stücke aus den 2002er
Alben "Alice" und "Blood Money" noch aus Theaterstücken
Robert Wilsons, entstand "Real Gone" wieder aus eigens komponiertem
Material. Das Stück "Metropolitan Glide" steht dabei symbolisch
für den musikalischen Inhalt: Neben Blues sind auch jamaikanische Rocksteady-Grooves
sowie afrikanische und lateinamerikanische Rhythmen zu hören. "Cubist
Funk", nennt Waits die eigenwillige Mischung. Zunächst fällt
auf, dass er zum ersten Mal ganz auf sein Klavier verzichtet. Im Mittelpunkt
steht seine Stimme, die nicht nur Geschichten und Gedanken vorträgt,
sondern auch als Rhythmusgrundlage dient. Ein Schlagzeug ist auf dem ganzen
Album nicht zu finden. Wo nötig, liefern Perkussionen und Scratcheinlagen
seines Sohnes Caseys den notwendigen Rumms.
Schon der Opener "Top Of The Hill" besticht durch seine aus den
Tiefen empor steigenden Klangfetzen. Erstaunlich, wie musikalisch "Real
Gone" ist, obwohl die einzelnen Elemente kaum zusammen zu passen scheinen.
"Hoist That Rag" besteht aus dumpfen Trommeln, einer dreckigen
karibischen E-Gitarre, dem angefunkten Bass Les Claypools (Primus) und Waits'
tiefer Stimme, die sich so anhört, als ginge sie durch ein Megaphon.
Erst das melancholische, zehnminütige "Sins Of The Father"
bringt etwas Ruhe in die morbid anmutende Grundstimmung. Im weiteren Verlauf
wechseln sich schnellere Stücke wie "Don't Go Into The Barn",
"Baby Gonna Leave Me" oder "Make It Rain" mit langsameren
wie "How's It Gonna End", "Dead And Lovely" oder "Green
Grass" ab. "In Trampled Rose" singt Waits erstaunlich klar
und hoch - oder handelt es sich etwa um seine Frau Kathleen Brennan, die
auch beim Schreiben und der Produktion eine wichtige Rolle spielte? "Day
After Tomorrow" stammt nicht nur aus dem Soundtrack zum gleichnamigen
Film Roland Emmerichs, sondern ist eine jener herzzerreißenden Balladen,
wie nur Waits sie hinkriegt.
Als Hidden Track fügt er noch eine Kostprobe seiner Rapkünste
(oder, wie er es nennt, "human beatboxing") hinzu. Zwar reiht
sich "Real Gone" musikalisch in die Tradition seiner letzten Vorgänger
ein, dennoch gelingt es Waits, nach guten dreißig Jahren und über
zwanzig Platten immer noch zu erstaunen und zu fesseln. Dadurch genießt
er nicht nur die Gunst der Kritiker, sondern sorgt auch beim Publikum für
Furore: Seine drei Konzerte in Berlin im November 2004 waren kurz nach ihrer
Ankündigung trotz horrender Eintrittspreise im Nu ausverkauft.
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METAL
/ ELECTRO
Laibach:
Anthems (2 CD)
Seit nunmehr beinahe 25 Jahren stapfen Laibach
in adretten Trachtenkostümen durch die Musikgeschichte. Fein säuberlich
geschnürte Kniebundhosen, blank polierte Haferlschuhe und dunkelbraune
Janker mit aufgesetzten Hirschhorn-Knöpfen und Edelweißstickereien
sind längst zum Markenzeichen der politisch nicht unumstrittenen Bombastmusiker
aus Slowenien geworden. Mit dem wunderschön gestalteten Doppel-Album
"Anthems" blicken die vier Musiker zurück auf ein Vierteljahrhundert
Laibach.
Begonnen haben Laibach
ihre Karriere 1980 im der kleinen Bergarbeiterstadt Trbovlje im damals noch
kommunistischen Jugoslaslawien Titos. Jener starb im selben Jahr, in dem
Laibach erstmals
mit Pauken und Trompeten drauflos lärmten. Ob zwischen beiden Ereignissen
ein ursächlicher Zusammenhang besteht, ist bis heute nicht endgültig
geklärt. Auf alle Fälle blieb Tito so die peinliche Bloßstellung
seiner staatstragenden Funktionärskaste durch die subversiven Kunstattacken
von Laibach
verschont. Offen nahmen sie die totalitaristischen Symbole kommunistischer
Macht auf den Arm, indem sie ihre eigene überzeichnete Ästhetik
dem Deutungsmonopol des Staates entgegenstellten. Kein Wunder, dass Laibach
es schafften, innerhalb kürzester Zeit mit Auftrittsverboten belegt
zu werden. Auf "Anthems" dokumentieren lärmige, von Trommelwirbeln
durchzogene Klangcollagen wie "Brat Moj" und "Drzava"
den Aufbruch des Quartetts in die Laibachkunst.
Mit "Die Liebe" treten 1985 verstärkt elektronische Mittel
der Klangerzeugung auf den Plan. Industrial-Tracks, wie sie Laibach
noch zwei Jahre zuvor im Rahmen ihrer "The Occupied Europe Tour"
erstmals auch außerhalb Jugoslawiens zum Besten gaben, machen fortan
bombastischen Arrangements im Stile von "Leben heisst leben" Platz.
Damit geben sie gleichzeitig den Startschuss für eine ganze Reihe ironisch
überzogener Neuinterpretationen von Songs der Beatles,
der Rolling Stones,
von Status Quo
oder DAF. 2004
führen sie diese eigenwillige Tradition mit einem feinen Cover des
Schmachtfetzen "Mama Leone" virtuos fort.
Nebenbei bauen Laibach
ihre Band zu einem weitverzweigten Künstlernetzwerk aus, das unter
dem provokanten Schlagwort 'Neue Slowenische Kunst' firmiert und sich auf
den verschiedensten künstlerischen Feldern von der Philosophie, über
Theater, Film und Architektur bis hin zur bildenden Kunst betätigt.
1991 spinnen Laibach
ihre totalitären Kunstgedanken noch ein wenig weiter und gründen
einen virtuellen Staat, sozusagen als duchampschen Kommentar zu den gewaltätigen
Nationalismen ihrer Zeit. Bis heute sind Laibach
einzigartig im Popgeschäft. Niemand vor ihnen und auch keine Band seither
hat einen derart umfassenden und umstrittenen ästhetischen Entwurf
verfolgt wie die Slowenen. Ihren längst nicht mehr bestrittenen Status
feiern sie auf dem ersten Silberling, wie es sich für lebende Legenden
gehört, mit 17 wuchtigen Hymnen.
Die zweite CD steht dafür ganz im Zeichen befreundeter Künstler,
die sich der Vorlagen aus der Songschmiede von Laibach
angenommen haben. Die belgischen Goa-Veteranen von Juno
Reactor erweisen Laibach
genauso gerne die Ehre wie Minimal-Pionier Richie Hawtinoder der Produzent
Mark Stent, dessen Name sich auf Releases von U2
genauso wiederfindet wie auf Platten von KLF oder Depeche
Mode. Wer bisher noch nicht mit Laibach
Kunst in Berührung kam und Lust verspürt, diese Lücke zu
schließen, der bekommt mit "Anthems" einen Einstieg nach
Maß. Die Doppel-CD wartet mit einem oppulent gestalteten knapp 50-seitigen
Booklet auf, in dem selbstverständlich einige Kostproben der visuellen
Kraft von Laibach
zu finden sind. Für Fans gehört die Geschichtsschau von Laibach
sowieso zum Pflichtprogramm.
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METAL
Nasum:
Shift
War bei Nasum
zu Beginn ihrer Karriere die CD-Veröffentlichungsrate nicht unbedingt
inflationär hoch, so legen sie inzwischen eine deutliche Steigerung
an den Tag. Zwischen "Human 2.0" und "Helvete" lagen
nur noch zwei Jahre, und zwischen "Helvete" und "Shift"
sind gerade mal 17 Monate ins Land gezogen. Man mag vielleicht argumentieren,
dass es durchaus möglich sein sollte, in anderthalb Jahren 37 Minuten
Musik auf's Band zu bringen, aber immerhin sind es mal wieder 24 Songs geworden,
und außerdem schleicht sich so etwas wie Rock'n'Roll und Struktur
bei den Schweden ein. Zwar führen sie einen mit dem Opener "Particles"
erst mal auf die falsche Fährte, aber dass man von Nasum
tatsächlich Doom Metal präsentiert bekommt, glaubt doch eh kein
Schwein. Nachdem also das fröhliche Geholze kurz darauf einsetzt und
mit "The Engine Of Death" seine gelungene Forstsetzung findet,
ist man doch überrascht, auch in diesem Song schon einen angenehm groovenden
Mittelpart zu finden. Und dann passiert doch das Unglaubliche: "Wrath"
ist ein prima Midtempobanger, der in dieser Form von den Schweden kaum zu
erwarten war. Irgendwie scheint sich ein leichter At The Gates-Einfluss
bei den ehemaligen Extremmetzlern eingeschlichen zu haben, anderes sind
"The Deepest Hole" oder "Fury" kaum zu erklären.
Dass auf der Gegenseite die unter der 60-Sekundenmarke liegenden Geschosse
wie "No Paradise For The Damned", "High On Hate" oder
"Cornered" für langsamere Parts kaum Zeit haben, liegt auf
der Hand. Auch wenn sich deutlich metallischere Elemente in den Grindcore
von Nasum gemischt
haben, müssen sich die Fans der Extremhärtner eigentlich keine
Sorgen machen. Zwar haben sie sich mit Rogga Joahnsson (Paganizer, Edge
Of Sanity) einen waschechten Death Metal-Shouter als Gastgrunzer,
aber die Trademarks haben sie immer noch beibehalten. Da sich vor allem
auch soundtechnisch nichts an "Shift" aussetzen lässt, sind
vier Punkte durchaus gerechtfertigt.
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DANCE
Shitmat:
Full English Breakfest
English Breakfast. Morgens eine ordentliche Ladung Fett in Form von Schinken,
Bohnen, Spiegelei und Würstchen. Lecker. Die adäquate Gaumenfreude
nach einer willenlos durchgerauschten Nacht. Der Kater, der Schädel,
das Sodbrennen: hinfort. Oder so. Manchmal, nicht immer. Welch spontane
Assoziationen Titel bzw. Cover bzw. Booklet einer CD wie der von Shitmat
doch auslösen können ...
Nicht unbedingt die Überleitung im Sinne von Gerhard dem Delling, aber
was soll's. Dem Debüt von Shitmat
alias Henry Collins jedenfalls ging eine Serie von fünf EPs voraus,
die nun in Form von "Full English Breakfest" veröffentlicht
werden. Der Titel kündet eine Botschaft, die in letzter Konsequenz
nur eines heißen kann: volles Programm, Breakcore galore. In diesem
Sinne bekommt man von Chief Collins das Frühstücksmenü um
die Ohren gehauen, dass die Würstchen fliegen. Vergleichbar mit verehrenswerten
Spinnern wie Venetian Snares oder Squarepusher,
entwirft Collins einen kernigen Jungle-Splatter-Boliden, der dem Wüten
der anderen in nichts nachsteht. Aber während Squarepusher
auf seine ganz eigene Art und Weise gerne mal in Jazz-Gefilden herumholzt,
schlägt Shitmat
mit seinen Arrangements eine etwas anders geartete, jedoch nicht minder
radikale Richtung ein. Nicht umsonst ist von einem Breakfest die Rede. Collins'
Wahnwitz liegt im Detail. Wie heißt es doch so schön? Jedem Böhnchen
sein Tönchen. Entsprechend serviert Maître Shitmat
eine Platte für den eher deftigen Gusto, gespickt mit allerhand Samples
unterschiedlicher Couleur ("Bombaclad, I'm the lord of Hellfire"
etc pp.), die einem unweigerlich das Gefühl geben, diese irgendwann
mal verkostet, äh, gehört zu haben. "Big Ben's Big Remix"
beispielsweise bringt es fertig, Big Bens Gebimmel, das altbekannte Gedudel
der Eurovision, Satzfetzen wie "you got me a beer?!" plus ein
Track-Sample der Hühner von Destiny's Child in den Mashup-Generator
zu werfen und auf einen passenden Jungle-Nenner zu bringen. Fertig ist ein
1A-Hybrid der Marke Bastard Pop. Ebenso werden irgendwie Erinnerungen wach
an DJ Hypes "Ready Or Not"-Remix der Fugees.
Und es versteht sich wohl von selbst, dass nicht nur hier über die
ganze Platte hinweg, der gute alte englische Humor eine nicht zu unterschätzende
Rolle spielt. Was will man auch anderes erwarten von jemanden, der sich
Shitmat nennt.
Hoffentlich bleibt das niemandem im Halse stecken.
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DRUM'N
BASS / ELECTRO
Verschiedene:
Return To V (Roni Size)
Nach dem Instrumental-Sturm "Touching Down" (2002) lud Roni
Size im Stile des Reprazent-Albums "In The Mode" eine
Armada von Gästen ins Studio, um seine "Dirty beats and dirty
samples"-Gerüste wieder mit menschlichen Stimmen anzureichern.
Dabei kommen altgediente und in der Drum'n'Bass-Szene angesagte MCs aber
auch prominente Protagonisten wie Beatboxer Rahzel
oder Vikter
Duplaix zum Einsatz. Roni
Size crossovert eben gerne und zwar bevorzugt mit Dancehall/R'n'B/Rap.
Die ersten Tunes offenbaren Size-typisches Partyburning. Die Skills des
Drum'n'Bass-Producers mit Soul im Herzen und Sinn für Livemusik sind
unumstritten: straight nach vorne, elektrisches Tiefbassgedröhne und
immer eine Hook an der Hand (gerne aus dem Elektro/House-Bereich oder eine
Melodieline), die dem Tänzer Orientierung gibt.
Mit zunehmender Dauer
geht der Bristoler von Vocal-Versatzstücken zu durchgehendem Gesang
über. Smoother kommt "Groove On" feat. Faye mit seiner
prägnanten Basslinie daher. Selbige frisst sich bei "Cheeky
Monkey" (Size-Entdeckung Tali und Reprazent-Buddy MC Dynamite
am Mic) ins Hirn. Mit der Groove-Keule "Problems" wechselt Size
ins Hip Hop-Tempo: eine dicke Nummer mit Dancehall-Raps. Stilistisch ähnlich,
aber mit hitverdächtigem Popcharme folgt das sphärische "Time"
feat. Darrison. Sinn für Pop zeigen auch "No More" feat.
Beverly
Knight/Dynamite
und "Sing" mit Jocelyn
Brown. Immer wieder erstaunlich, wie gut hyperaktive Beats und
soulgeschwängerte Vocals harmonieren können. "Rise Up"
mit Sweetie Irie und "Thirsty" feat. Willks drehen wieder an
der Ragga-Vocal-Schraube, bevor Weirdo Rahzel
zur Voice-Attacke bläst. Das hitverdächtige "Give Me A
Reason" mit Dancehaller Navigator integriert zum Schluss noch eine
Akustik-Gitarre. Roni
Size' Hommage an V Recordings, sein Karriere-Sprungbrett, gelingt
durchweg. Die mellow bis düsteren Beats rollen zwar typisch, schmecken
aber nach frischem Blut und können nur eines bedeuten: Der Brite
ist noch lange nicht am Ende.
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MUSIK
DVD
Dream
Theater: Live in Tokyo / 5 Years in a Livetime
Mit "Live In Tokyo/5 Years In A LIFEtime" erscheint dieser Tage
eine Doppel-DVD, die der Dream
Theater-Fan vermutlich schon lange in Form zweier VHS-Kassetten
bei sich im Schrank stehen hat. Für alle anderen lohnt sich die Anschaffung
mit Sicherheit. Mit Live-Veröffentlichungen haben die New Yorker noch
nie gegeizt, aber es ist auch immer wieder absolut faszinierend zu sehen,
was diese fünf Musiker an ihren Instrumenten leisten, und zu hören,
wie sie trotz aller technischen Finesse geniale Songs schreiben. "Live
In Tokyo" als auch "5 Years In A LIFEtime" bieten eine Mischung
aus Livekonzerten, Making Of Szenen, Videoclips, O-Tönen und Roadimpressions.
Auf DVD Nr. 1 kann man insgesamt acht Live-Stücke der Band in Japan
bestaunen, die sich hauptsächlich auf das damals aktuelle Album "Images
And Words" konzentrieren. Dass das japanische Publikum nicht zu den
enthusiastischsten gehört, sollte bekannt sein, weswegen sich die Schwenks
ins Publikum nicht übermäßig lohnen. Dafür gibt es
jede Menge Nahaufnahmen von Fingerakrobatik par excellence und auch ein
mehr oder weniger notwendiges Drum-Solo vom rotzenden Kraken Mike Portnoy.
Die Videoclips könnten schon von MTVIVA bekannt sein und sind auch
noch nicht sonderlich beeindruckend. Immer wieder witzig sind dagegen die
Handkameraaufnahmen von Band und Fans während der Tour. Für Mike
Portnoy scheint es wirklich die Erfüllung eines Jugendtraums gewesen
zu sein, im Beatles-Stil
über den Zebrastreifen der Abbey Road zu latschen, und auch Kevin Moores
Spontanübersetzung eines japanischen weiblichen Fans, ist der Brüller:
"Sie sagt 'Eigentlich mag ich Dream
Theater nicht so sehr, aber ich hatte ein Stift und ein Batt Papier,
also dacht ich mir, was soll's'". Was die Galactic
Cowboys und Sebastian
Bach aus Dream
Theater Songs machen, ist ebenfalls hörens-/sehenswert.
Auf dem zweiten Silberling finden sich Live-Impressions von mehreren unterschiedlichen
Touren und auch mit unterschiedlichen Keyboardern (da in dieser Zeit Kevin
Moore von Derek Sherinian ersetzt wurde). Sehr interessant sind dabei die
Akustik-Session und die Auftritte mit Barney Greenway von Napalm Death,
der mit der Band Metallicas
"Damage Inc." intoniert, Steve Hogarth und Steve Rothery von Marillion,
die zusammen ihren Hit "Easter" aufführen, und Steve Howe
von Yes, der Teile von "Starship Trooper" erklingen lässt.
Wieder sind es eher die Szenen abseits der Bühne, die am meisten Unterhaltungswert
haben. So sieht man z.B. den noch langhaarigen Bruce
Dickinson bei den Aufnahmen zu "Perfect Strangers" von
"A Change Of Season" oder Backstage-Begegnungen mit Rob Halford,
Vinnie Paul (Damageplan,
Ex-Pantera)
oder Paul Bostaph (Ex-Slayer,
Ex-Forbidden).
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Text-Quellen:
Diverse |
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17.11.2004 22:19:02 / enzo Alle Angaben ohne Gewähr |
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