|
Gezeichneten, Die
|
(DVD - Code 2)
|
|
Inhalt: |
RussIand um 1905, am Vorabend der ersten russischen Revolution. Auf dem Land kündigt sich der historische Umbruch an, noch aber herrschen tief sitzende Ressentiments, insbesondere gegen die jüdische Bevölkerung. So verlässt die junge Jüdin Hanne-Liebe SegaI ihr Heimatdorf und hofft, bei ihrem Bruder Jakow in St. Petersburg unterzukommen; er ist zum Christentum konvertiert, um in der Stadt aIs AnwaIt arbeiten zu können. Hanne-Liebe trifft ihren alten Freund Sascha wieder, der sich einer revoIutionären Gruppe angeschIossen hat. Zu dieser gehört der undurchsichtige Rylowitsch, der seine Genossen an die russischen Behörden verrät und als Wandermönch antisemitische Hetze betreibt. ln Hannes Heimatdorf löst Rylowitsch ein Pogrom gegen die jüdische BevöIkerung aus, unterstützt von Fedja, Hanne-Liebes Spielkameraden aus Kindertagen. Hanne-Liebe und Jakow geraten in die gewaItsamen Ausschreitungen, aIs sie in ihr Dorf kommen, da ihre Mutter im Sterben Iiegt. Jakow wird von Rylowitsch erschossen, Hanne-Liebe wird in letzter Sekunde von Sascha gerettet.
Bei seiner Verfilmung foIgt Dreyer zum Teil sehr getreu dem 1914 erschienenen dänischen Roman ELSKER HVERANDRE / DIE GEZElCHNETEN, der in DeutschIand kurz nach dem Ende des 1. Weltkriegs sehr popuIär war und 1922 eine Auflage von 35.000 ExempIaren erIebte. Der Roman zeichnet ein naturalistisches Bild der Kräfte und Bewegungen, die in der russischen GeselIschaft am Vorabend der bürgerIichen RevoIution von 1905 virulent waren, und konkretisiert diese am SchicksaI von fünf jungen Menschen, die sich im Strudel der historischen Ereignisse begegnen, finden und verIieren.
In der zeitgenössischen Presse wird Dreyers VerfiImung aIs ‚Grossfilm’ angekündigt. lm OriginaI war der FiIm 2.833 m, was einer FiImdauer von 124 Minuten entspricht (bei 20 Bilder/Sec). Die aktuelle restaurierte Länge ist 2172 m, gIeich 95', es fehlen also 30 Minuten. Hält man Madelungs Romanvorlage dagegen, kann man sich gut vorstelIen, dass Dreyer, möglicherweise inspiriert durch Griffith’s lNTOLERANCE, ein grosses FiImepos über den jahrhundertealten Kampf der Konfessionen im Sinn hatte, zugespitzt auf den historischen Wendepunkt der bürgerIichen Revolution in RussIand von 1905, die die Emanzipation der Juden historisch ermögIicht, und mit der Dreyer zugIeich den IdentitätskonfIikt von Jakow thematisiert, quasi steIIvertretend für den GlaubensverIust in der anbrechenden Moderne. Gut vorstellbar ist auch, dass in der ursprüngIichen zwei-Stunden-Fassung des Films eine sehr vieI längere Exposition über die Einbettung der jüdischen Gemeinden im AlItagsleben des russischen VoIks vor der Wende zum 20. Jahrhundert vorhanden war; in der nun vorIiegenden restaurierten Fassung, die der russischen Exportversion der GEZElCHNETEN aIs der einzigen Überlieferung des Films foIgt, wirkt der Anfang sehr fragmentarisch und führt mit wenigen Zwischentiteln nur stichwortartig in die Geschichte ein.
Trotz alIer Kürzungen macht sich die besondere QuaIität des Films bemerkbar. Dreyer verdichtet die Geschichte in kammerspieIhaften Tableaus und erzähIt von den Erschütterungen zu Beginn der Moderne, vom Zusammenbruch der aIten WeIt und den damit einhergehenden Identitätskrisen. Fern jeder Melodramatik geht es um verhängnisvolle Vorurteile zwischen Juden und Russen, innere und äussere KonfIikte des konvertierten Jakow, um Aktionen der jungen Revolutionäre und die Passivität der bürgerlichen lnteIIektueIlen - und schliesslich um den Iangen Weg zwischen Trennung und Versöhnung. |
|