Wir leben im Zeitalter der Krise - und haben doch kaum eine Vorstellung davon, wie wir dem Imperativ des «Immer mehr» entkommen, unsere Lebensweise tiefgreifend verändern können. Dabei wussten wir das, wie Annette Kehnel zeigt, schon einmal sehr genau. Sie nimmt uns mit auf eine Reise ins Mittelalter, wo sie jahrtausendealtes, ungebrochen gültiges Menschheitswissen entdeckt - in der Lehre der sieben Todsünden. Jede der Todsünden spiegelt eine Bedingung unserer menschlichen Existenz: So geht es bei
luxuria
(Wollust) letztlich um massvollen Konsum, bei
avaritia
(Habgier) um die Einsicht, dass Besitz und Reichtum beschränkt werden müssen;
ira
(Zorn) bearbeitet Aggression und Gewalt,
invidia
(Neid) die Kehrseite der Konkurrenz und
superbia
(Hochmut) unser Streben nach Status und Macht.
Ein überraschend zeitgemässes Bild des Menschen, das auf Balance, Resonanz und Ausgleich abzielt - und ein neuer Deutungshorizont für unsere Zeit und ihre Herausforderungen. Das in der Todsündenlehre gespeicherte traditionelle Wissen weist einen Weg, mit unserer destruktiven Seite umzugehen. Kehnel birgt dieses Wissen für die Gegenwart und zeigt, wie wir damit uns und die Welt verändern.