News Detail: CD: Top Tipps

POP/ROCK / HARD ROCK
Robert Plant: Mighty Rearranger (Digi)
Nein, nein, nein. Halt! So nicht Herr Plant, und vor allem nicht mit mir! Was soll der Quatsch, "Another Tribe" nach gut drei Minuten einfach so auszublenden? Da erfreut das hervorragende Arrangement mit rückwärts geloopten Gitarren-Fragmenten, fettem Bass und schleppendem Schlagzeug. Ihre Gesangsleistung ist tadellos, wie auch bei "Shine It All Around". Vom etwas desinteressierten Geschichtenerzähler zu Beginn schwingen Sie sich während der Bridge zu einem schönen 'ooohhh' empor. Das Zusammenspiel Ihrer Begleitband sitzt in jedem gespielten Ton, der Song ist stimmig, und dann soll nach 3:07 Minuten alles vorbei sein? Ich sage es noch mal: nicht mit mir. Den gleichen Blödsinn vollführen sie bei dem nicht weniger packenden, mit seinem pumpenden Rhythmus begeisterndem "Freedom Fries". "Father son and the holy ghost" heisst es da. Ja, wenn sie schon den heiligen Geist anrufen, frage ich sie im Gegenzug, ob sie denn von selbigem verlassen sind? Da blenden sie schon wieder einen Super-Track nach nicht einmal drei Minuten aus! Aber eines muss man ihnen als Newcomer ja lassen. Sie singen und schreiben Lieder, als hätten sie persönlich bei Led Zeppelin mitgespielt. Rhythmische Kapriolen weisen direkt auf Zep hin, doch vermeidet es Plant geschickt, sämtliche seiner Ideen diesem allmächtigen Banner unterzuordnen. Die Detailarbeit verrät einen sympatischen Hang zum Barocken, ohne zu viel Ballast mit an Bord zu nehmen. Schön reduziert kommen Balladen wie die Akustik-Nummer "All The Kings Horses" oder das etwas beschwingtere "Dancing In Heaven" rüber. Das "Battle Of Evermore" Anno 2005 hört auf den Namen "Somebody Knocking". Ein Didgeridoo unterstützt die immer wieder schön in den Gesamtkontext integrierten orientalisch-asiatischen Klangspielereien.
Roberts Vorlieben für guten alten Rock'n'Roll kommen beim Titeltrack zum Tragen. Inklusive Honkytonk-Geklimper und locker dahin geworfenen Gitarrenriffs. Ganz einfach auf einen Nenner gebracht: Im Frühjahr 2005 veröffentlicht Robert Plant nicht nur irgendein Soloalbum, sondern wohl die beste Platte, die je ein Led Zeppelin-Mitglied nach Ende der legendären Truppe herausgebracht hat.
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POP/ROCK / ALTERNATIV
Eels: Blinking Lights & Other Revelations (2 CD) (Digi)
"Es existieren zwei Arten von Weihnachtsmenschen", sagt Mark Oliver Everett, bekannt als E und die Personifizierung der Eels. "Diejenigen, die flackerfreie Weihnachtsbeleuchtung bevorzugen und die, die die blinkende lieber mögen". E gehört zu den Blinkern, schliesslich war Stillstand in jeglicher Hinsicht nie sein Bier. Stattdessen hält der kauzige Kalifornier mit "Blinking Lights And Other Revelations" ein über 90-minütiges leidenschaftliches Plädoyer. Für die kurz aufblitzenden Glücksmomente, die der Tortur namens Leben einen Wert geben. Für den Wechsel zwischen am Boden zerstört und himmelhoch jauchzend. Für das Dasein an sich. Everetts durch und durch persönliche Inventur beginnt wirklich ganz am Anfang: "From Which I Came" vertont die Unschuld des Neugeborenen, zurückhaltende Hammondklänge und ein dunkles Cello begleiten Baby-E in die Welt. Die Kindheitserfahrungen geraten zur bluesigen Trauerparade, weil Mama und Papa die Liebe vorenthalten. Später sammelt E romantische Erfahrungen im Kirchenhof. Aber als die Beziehung in "Last Time We Spoke" mit einem schnöden Telefonat zerbricht, bleiben nur wolfartiges Gejaule und ein träge verschlepptes Piano zurück. Obendrein suchen ihn verstorbene Verwandte heim ("Trouble With Dreams", "Marie Floating Over The Backyard"). Doch jede Menge Glockenspiel und grosszügig eingesetzte Autoharp setzen dem auf Platte gebannten Spuk Harmonie entgegen. Auch im Blick nach oben findet E Zuflucht. Dort warten neben Sonnenuntergang und Sternenhimmel blinkende Flugzeuge auf den Ich-Erzähler, die er zum göttlichen Morsecode umwandelt ("Blinking Lights For Me"). Kein Wunder, dass er sich im Laufe der Jahre zum Eigenbrödler entwickelt. Im pompösen "The Other Shoe" trommelt der Misanthrop dem scheubeklappten Grotssstadtvieh seine Verachtung entgegen. Sollen sie doch vor ihren Fernsehern kalt werden, E schmiedet sein Schicksal selbst. Und preist in "Going Fetal" gemeinsam mit Tom Waits, der knurrt wie eine besessene Katze, fröhlich hüpfend die Embryonalstellung. Mitmachen erwünscht, das hilft, das befreit und gibt Kraft für Tage voller Sehnsucht nach dem Vater ("Understanding Salesmen"). Eine schlicht herzzerreissende Streicherballade. Trauer und Verzweiflung überwältigen E an mancher Stelle. Doch immer, wenn ihn der "Checkout Blues" packt und er am Abgrund steht, blinkt es wieder irgendwo. Mal countryesk, wenn der Multiinstrumentalist sich unter Einsatz der Steelgitarre mit ausrangierten Zugführern identifiziert. Mal im Stil einer Ska-Band im euphorisch nach vorne stolpernden "Hey Man". Genauso ausufernd gerät das liebestolle und lebenstrunkende "Sweet Li'l Thing": Schwelgerische Geigen nebst Vögelgezwitscher lassen den Frühling unendlich scheinen. Doch nicht nur sich selbst therapiert E, auch für andere bleiben Kraftreserven. Surfrockend baut er in "To Lick Your Boots" die geschundene Seele eines Freundes wieder auf. Fast übertrieben altersweise klingt es, wenn der vormals depressive Eels-Kopf versucht, eine Freundin vom Selbstmord abzuhalten ("If You See Natalie"). Dramatisch und toll arrangiert ist das dennoch. Wundervoll ehrlich, ja zutiefst berührend dagegen die verspätete Entschuldigung an die alte Liebe auf der optimistischeren zweiten Scheibe ("I'm Going To Stop Pretending That I Didn't Break Your Heart"). Akustische Gitarre und sensible Stimme treffen Töne, die andere immer verfehlen werden. Und wer beim Elton John-Soundalike "Losing Streak" nicht breit grinst, als E mehrmals heftig kopfnickend versichert, seine Pechsträhne sei endlich gerissen ("Did you hear me?"), muss sich schon im Zustand der Verwesung befinden. Am Schluss der immer wieder durch kurze Instrumentals (Cello, Harfe, Flöte) aufgelockerten Retrospektive zieht E die Bilanz seines Lebens. In einer Art Abschiedbrief an die Urenkel gibt er ihnen ein lakonisches "It's not all good and it's not all bad" mit auf den Lebensweg. Reines Understatement, schliesslich erklärt er mit dieser Platte mal eben den Fluch für besiegt, der all die Jahre auf ihm lastete. Ein baldiger Abschied von der Bühne steht trotz des Finalcharakters von "Blinking Lights" ebenfalls nicht zu befürchten. Dafür ist E viel zu sehr Getriebener. Und seine Musik zu einzigartig.
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POP/ROCK
Funny Van Dannen: Nebelmaschine
Funny van Dannen zielt auch mit seinem achten Album abwechselnd auf Herz und Zwerchfell. Die in dieser Hinsicht bewährten Mittel: Melodien, die einfach gestrickt sind, und eine Stimme, der in Sachen "lakonischer Tonfall" keiner etwas vormacht. Er klingt unglaublich unbeteiligt, wenn er bärtige Delphine und Fotos von Ohren besingt, wenn er Vokale nach Belieben dehnt oder staucht. Weder die Musik, noch die Melodie ist der Star bei diesem Sänger, sondern einzig und allein seine lustigen, naiven und kritischen Texte über (fast) Alltägliches. Und genau davon liefert der Liedermacher, Maler und Autor in Personalunion wieder reichlich ab. In "Hobbynutte" singt er aus der Sicht eines betrogenen Mannes, der die Seitensprünge seiner besseren Hälfte rechtfertigt, untermalt von einem leicht tänzelnden Bass. "Und es ging ja auch nicht lange, die sechs Wochen nehme ich nicht krumm, ich weiss ja wie wir Menschen ticken, ich bin ja schliesslich nicht dumm" Man möchte sich schenkelklopfend in die Ecke werfen, ob dieser Hymne für zwanghafte Frauenversteher. Aber auch ein solcher hat seine Schmerzgrenzen: "Aber ich finde, ich kann von dir gewisse Sachen verlangen, zum Beispiel nichts mit meinen besten Freunden anzufangen" - eine verständliche Forderung. Funny erzählt ausserdem kurzweilig, was der Bundesadler so getrieben hat, bevor der folgenschwere Job des Wappentiers ihn ereilte: Er nervte seine Frau. Selbst schuld, dass man ihn im Bundestag aufhängte. Der Wahl-Berliner hat sich ja schon einigen absurden Kram einfallen lassen, aber "Dingficker" toppt das meiste davon. Die Geschichte handelt von Sven, der Hüpfbälle und Garagen dem weiblichen Geschlecht vorzieht. Ein Konflikt mit der bösen konservativen Gesellschaft ist natürlich vorprogrammiert. Doch der Sarah Kuttner-Dauergast lässt auf "Nebelmaschine" auch ungewohnt ernste Töne verlauten. Bei "Humankapital" zieht er über das Unwort des letzten Jahres her. Allerdings haut er im Song über "Mein Volk" in Wortwahl und Tonfall ordentlich daneben: "Als Gott den kleinen Mann erschuf, hat er Gehirn gespart." Funny van Dannen bricht hier mit seiner naiven Herangehensweise und verliert damit auch diese gewisse Unschuldigkeit, die ihn stets umstrahlte. Blitzt da Standesdünkel und Arroganz auf? Und das bei einem Mann, dem man so etwas eigentlich gar nicht zugetraut hätte? Zwar ist klar, dass er ewig nörgelnde und selten engagierte Menschen damit kritisieren möchte, aber so?
Ansonsten ist das vorliegende Album ein typisches Funny van Dannen-Album. Witzig, liebevoll erzählt und auch mal kritisch. Bei der Aufnahme muss aber man Abstriche machen. Die Live-Atmosphäre nur mit Gitarre steht ihm doch am Besten.
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HIP HOP/RAP / R & B
Patrice: Nile
"Für mich ist wahre Kunst immer inspiriert von einer höheren Quelle", fabuliert Patrice im Interview. Viele Monde sind vergangen, seit er sich zum letzten Mal von dieser Quelle beseelen liess. "How Do You Call It?" fragte er sich anno 2002. Eine mögliche Antwort ware: "I call it good music!". Dieses Urteil gilt uneingeschränkt auch für "Nile". Die Vorab-Single "Soul Storm" rotiert mit ihrem tanzwütigen Ska-Rhythmus schon fleissig die Playlists rauf und runter. "Nile" offenbart nun die volle Wucht von Patrices Empfängnis. Der Opener "Today" überzeugt auf Anhieb mit seinen intelligenten Hooks und dem spartanischen Rhythmus-Fundament. Das Gitarrenriff und die Bläser tun ihr Übriges, um aus "Today" die nächste Single zu machen. "Jede Idee verlangt nach einem bestimmten Ausdruck", weiss Patrice zum Entstehungsprozess seiner Songs zu berichten. "Ideen kreiert man nicht. Man bekommt sie geschenkt und hat das Privileg, sie ausdrücken zu dürfen". Dieses Privileg nutzt Patrice für "Nile" auf allen künstlerischen und persönlichen Ebenen. "Das Album beschreibt meine Stärken und meine Schwächen ohne mich zu zensieren. Es geht mir darum, echte Emotionen zu formulieren ohne Angst davor zu haben, sie auszusprechen."
Musikalisch finden diese Emotionen ihren Widerhall in einer abwechslungsreichen Stil-Palette, bei der seine Leidenschaft für jamaikanische Quatschzigarettenmusik aus allen Ritzen schimmert. Gepaart mit Funk, Soul, Rock, Blues und Folk präsentiert "Nile" einen reifen Patrice, der sich als moderner Singer/Songwriter begreift. Das wird vor allem in den Stücken deutlich, in denen die akustische Gitarre und seine einmalige Singstimme das Geschehen bestimmen. Paradebeispiel hierfür: "I Love You", das ebenfalls mit gekonnter Melodieführung aufwartet. Als Gefährten im Produktionsprozess standen ihm die Mannen seiner eingespielten Live-Band "Shashamani" zur Verfügung. "Wenn man mit Gastmusikern und modernem Studio-Equipment arbeitet, hat man sehr viele Möglichkeiten der Postproduktion. Das wollte ich sehr bewusst umgehen. Deshalb ist 'Nile' im Detail zwar weniger perfekt, aber im Grossen hat es wesentlich mehr Dynamik". So ist es, finde auch ich und bescheinige ein hervorragendes Gesamtzeugnis. Motown-Soul ("It Hurts To Be Alone") und Kalimba-Klänge ("3rd Cataract") haben in seinem Reggae-Universum ebenso ihren Platz wie Blue Funk-inspirierte Eskapaden in bester Keziah Jones-Manier ("Done", "Lil Par A Dice", "Gun"). Trotz allem: "Ich bin vor allem ein Live-Act", gesteht Patrice und macht damit Lust auf die Festival-Saison, in der er genügend Gelegenheit hat, "Nile" zu präsentieren.
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POP/ROCK
Ben Folds: Songs For Silverman
Der Mann mit der bekloppten Brille ist wieder da! Hat man das bei Elton John nicht auch immer gesagt? Whatever, lassen wir das, denn diese Vergleiche führen zu nichts ... Gut, beide sind wohl die Besten ihrer Zeit am Piano. Nur: die von Sir Elton liegt sicher in der Vergangenheit, während Ben ... Nun, man muss sich eingestehen, dass auch Folds auf "Songs For Silverman" zu Schnulzen und Kitsch neigt. Doch kann ihm das keiner verübeln - geht Ben Folds immerhin scharf auf die Vierzig zu. Da versuchen andere noch einmal ihre Jugend herauszukehren (Ben vergnügt sich damit, auf seine Idole zurückzugreifen und produziert William Shatners Album "Has Been") oder kehren dem beschwerlichen Rockstar-Zirkus lieber den Rücken zu. Hätte auch Folds das Musikgeschäft verlassen, es wäre eine grosse Lücke entstanden. Wer sonst wickelt den Hörer so charmant mit seinem Klavier und wahnsinnig eingängigen Melodien um den Finger? Klang sein letztes reguläres (Meister-)Werk "Rockin' The Suburbs" noch sehr kraftvoll, nimmt Ben den Druck nun ein Stück heraus. Es schrauben sich keine Streicher mehr in den Himmel. Dafür holte er sich Verstärkung ins Studio. Mit festem Drummer und Bassisten mutet die Besetzung auf "Songs For Silverman" wieder wie bei seiner Band Ben Folds Five an. Und das klingt gut: Sowohl liebliche Songs wie "Gracie" (auf dem dann doch Streicher das Klavier untermalen) oder der traurige Love-Song "Landed", als auch Stücke mit mehr Drive (das schwungvolle "Trusted", das verspielte "You To Thank" oder der zwischen stoisch und fliessend schwankende Ohrwurm "Bastard") überzeugen auf ganzer Linie. Folds lässt einen mitfühlen. Auch wenn die Höhen und Tiefen nicht mehr ganz so extrem zu spüren sind wie auf früheren Alben, schickt er den Hörer auf eine Reise durch die eigene Gefühlswelt. Der wie ein kurzer, starker Windstoss aufbrausende Refrain in "Trusted" lässt einen jubeln, nur um das Gemüt in den ruhigeren Momenten wieder dunkel zu stimmen.
Am meisten zu Herzen geht jedoch "Late": Eine Hommage an den Songwriter Elliott Smith, der 2003 Selbstmord beging. Trotz trauriger Geschichten darf man bei Ben noch getrost mit einem Lächeln auf dem Gesicht träumen, während das Klavier aus den Boxen schallt. "It's Ok if you don't know everything", beruhigt uns der Mann am Piano. Und genau das ist es, was wir von Ben Folds wollen: Sanft in der Schönheit seiner Songs schwelgen.
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TIPP: Ben Folds: Songs For Silverman (CD & DVD) für SFr. 37.90

 

POP/ROCK
Brothers Keepers: Am I My Brother's Keeper?
Kaum ein Song gegen Rassismus fand bislang in Deutschland mehr Beachtung als der Song "Adriano" vom ersten BK-Album "Lightkultur". Der Titel erinnerte an Alberto Adriano, der nach einem feigen Neonazi-Angriff am 11. Juni 2001 an den Folgen der Verletzungen erlag. Eben so wichtig wie das Thema Gewalt nahmen die Brothers Keepers das ganz alltägliche Leben in Deutschland. Das Motto lautete: Wir sind hier und wir treten aus dem Schatten, denn wir sind auch Deutsche, Afrodeutsche halt. So gut die Idee, so zweifelhaft (erneut) die Umsetzung. Wurden schon auf "Lightkultur" geballte Fäuste statt Hände offeriert, geht der Aufruf zur körperlichen Gegengewalt dieses Mal noch etwas weiter. "Ich kämpfe für meine Brüder, geboren, um Nazis zu ficken | ich wollte nie Krieg, doch jetzt werd' ich euch alle vernichten" ist nur eine Textzeile. Bei "So Gerne" geben Denyo und Joachim Deutschland auf einer unerträglichen NDW-Instrumentalisierung allen "süssen und intelligenten Frauen" den Rat, alle "Nazischlampen wegzuhauen". Genau so schafft man Toleranz in der Gesellschaft. Andere haben es allerdings offensichtlich noch weniger kapiert. Samy DeLuxe zum Beispiel nutzt seinen Solotrack "Peoples" dazu, seine ständigen Dissattacken mit einer schweren Kindheit zu entschuldigen. Gegen Ende kriegt er den Bogen dann doch noch und beschert dem Stück zumindest einen moralischen Abschluss: "Es ist kein Wunder dass die Leute kein Geld in uns investieren | wenn wir uns nicht einmal selbst respektieren". Von der seltsamen Auffassung, wie der Kampf gegen den Rassismus auszusehen hat, einmal abgesehen, hat das Album allerdings durchaus positive Seiten. "Am I (My Brother's Keeper?)" glänzt nicht nur mit Aussage, sondern auch mit einem Wahnsinnsbeat. Die Hookline könnte ebenso gut von DMX ins Mic gebrüllt worden sein, und besonders die Frankfurter Tone, Jeyz, Sezai und D-Flame geben dem Stück den nötigen Flow. Auch Afrob macht bei der Crossover-Explosion "Bang Bang" gemeinsam mit Such A Surge endlich mal wieder eine gute Figur. Solche Ausflüge in die Straight-Rap oder Rock-Ecke sind allerdings eher die Ausnahme. Reggae und Dancehall von Gentleman, Patrice, Bantu, D-Flame, Nosliw und UB40 dominieren das Album neben souligen Stücke von Della Miles, Cassandra Steen und natürlich Oberkeeper Xavier Naidoo. Obwohl Denyo mit "Some Brain In The Storm" einen völlig absurden und gerade deshalb guten Track abliefert und auch Torch gemeinsam mit CNN199 endlich mal wieder auf Platte zu hören ist, gibt es doch auf "Am I My Brothers Keeper?" zu viel Füllstoff. Die Zusammensetzung von englischen, französischen und deutschen Texten, die variierende Vermischung diverser Musikstile und das atemberaubende Starangebot sind zwar interessant, überzeugen können sie nicht alle.
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LOUNGE / DANCE
Madrid De Los Austrias: Mas Amor
Der Name ist in doppelter Hinsicht Programm! Geografisch betrachtet ist Madrid De Los Austrias das historische Zentrum von Madrid, das vor 500 Jahren tatsächlich in österreichischer Hand war, den Habsburgern sei Dank. Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch um die Wiener Clubgurus Heinz Tronigger (aka DJ Don Zanuste) und Michael Kreiner (aka Pogo), die sich hinter diesem Bandnamen-Ungetüm verbergen. Sie haben es sich zur Aufgabe erkoren, die alte Bande zwischen Wien und Madrid musikalisch neu auszuloten. "Österreichischer Flamenco" oder "die Wiener Klangmafia entdeckt kastilianische Folklore" sind deshalb punktgenaue Formulierungen, um die Musik von Madrid De Los Austrias zu beschreiben. Die Berührungspunkte von traditionellem Flamenco und moderner Wiener Club-Klangkunst präsentieren sich vielseitig und äusserst (ent-)spannend. 2001 wehte die Fahne des Duos mit dem Debüt "Amor" zum ersten Mal in diesem interessanten Wind. Inzwischen ist einiges an Erfahrung hinzugekommen und das Konzept erscheint ausgereifter - auch wenn die Kritikpunkte sich ähneln. Das Dilemma der Clubmusik ist nun mal, dass sie am Computer entsteht, dem trotz aller technischer Raffinessen keine echte Lebendigkeit abzutrotzen ist. Gerade im Kontext handgegerbter Folklore ergeben sich daraus einige Chancen, aber auch gewisse Risiken. Die Möglichkeiten nutzen MDLA, indem sie die elf Songchimären von "Más Amor" leicht verdaulich und gut gelaunt aus den Boxen schubsen. Die spanischen Flamenco-Gitarren und die exzellenten Folk-Vocals sorgen dabei andauernd für die nötigen Hinhörer. Allen voran der hervorragend gelungene Track "Un Mensaje". Dass dem Flamenco im Clubkontext die allzu widerborstigen Reisszähne gezogen werden, versteht sich dabei von selbst. Das ist nötig, um ihn für die Lounge verdaulich zu machen. Die Risiken freilich liegen in der Statik des Instrumentes Computer begründet. Pattern-artige Drum-Arrangements und Basssound-Synthesizer sorgen nur bedingt für Dynamik, Abwechslung und Livehaftigkeit, die dem erdigen Flamenco eigentlich entsprächen. Der Opener "Para Don Alonso" kündigt dieses Manko auf beeindruckende Weise an, "No A La Guerra" offenbart es mit voller Wucht. Wie würden diese Club-Funk-Tunes mit echtem Basssound und lebenden Musikern gewinnen! In mehr als der Hälfte der Fälle schmeckt die Wiener Melange aus Folk und Funk jedoch ausgezeichnet. Welches Album kann schon eine solche Chance/Risiko-Ausbeute aufweisen? Grund genug, "Más Amor" ein insgesamt gutes Zeugnis auszustellen.
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CROSSOVER/NU METAL
Limp Bizkit: The Unquestionable Truth: Part 1 - Enhanced
Limp Bizkit am Scheideweg. Nach dem kommerziellen und kreativen Desaster namens "Results May Vary" steht die Band nun dort, wo sie wahrscheinlich nie hin wollte. Hopp oder topp ist die Devise. Die Wetten auf den totalen Absturz laufen bereits, schwarze Wolken ziehen am Firmament auf. Die seltsame Veröffentlichungspolitik mit kompletter Medienverweigerung wirft bereits einige Fragen auf. Eine sieben Track-EP als ersten Teil einer Doppelveröffentlichung auf den Markt zu werfen? Was soll das denn? Zumal "The Key" mit gerade einmal 1:20 Minuten Spielzeit nicht als vollwertiger Song durchgeht. Die Nettospielzeit der Scheibe beträgt somit weniger als eine halbe Stunde. Ein bisschen wenig Value for Money. Hochgerechnet ergibt das nämlich einen Verkaufspreis um die 20 Öre für ein vollständiges Album, was dann doch etwas happig ist. Wie sieht's denn mit der Musike aus? Haben Limp Bizkit aus der Erfahrung des Larifari-Vorgängers ihre Lehre gezogen? Dem Sound nach zu urteilen ja. Eine furztrockene Produktion prägt den Rahmen der Songs, Wes' Gitarrenspiel vervollständigt das raue Gesamtbild. Da möchte wohl jemand den Anschein erwecken, er fresse wieder den Staub der Strasse. Parallelen zu den frisch therapierten Metallica lassen sich hier mühelos ziehen. Eine Band hat kommerziell all das erreicht, wofür der kleine Musikant in der Garage seinen kleinen Bruder nach Dschibuti verkaufen würde. Die Kohle alleine kann nicht mehr locken. Also, was tun? Die Antwort auf Zeusens Frage lautet bei Metallica wie bei Limp Bizkit gleich: aufs Schnitzel kloppen. Dass Härte alleine aber noch keine guten Songs ausmacht, hat "St. Anger" schon bewiesen. Durst, Borland und Co. knüpfen hier nahtlos an. Erstaunt zuerst noch der Druck, den Limp Bizkit neuerdings wieder verbreiten, geht der EP über die volle Distanz aber nach und nach die Luft aus, bis nur ein kümmerlicher, verschrumpelter Luftballon namens "The Unquestionable Truth Part 1" über bleibt; abgerundet von "The Surrender", einem Lamento der weinerlichen Sorte, das einen perfekten Abschluss zu einem vernachlässigenswerten Output bildet. Die knappe halbe Stunde davor hält nur begrenzt Spannendes parat. Lediglich "The Story" lässt kurz erahnen, weshalb Bizkit-Songs dereinst für schweissnasse Shirts in den Clubs sorgten. Das letzte Jahrtausend ist bereits seit über fünf Jahren Geschichte. Limp Bizkit scheinen das zu wissen, finden aber keine musikalischen Mittel, um den Karren aus dem kreativen Dreck zu ziehen. Da ist 'null Promotion' auch nur eine Masche, die die Nachfrage nach dem schwachen Songmaterial anheizen soll. "The Truth" offenbart ostentativ selbige. Völlig uninspiriert dudelt sich die Band hier einen ab, ohne dass auch nur für ein paar Sekunden etwas Spannendes passiert. "Deliver us from evil, deliver us from evil", bittet Fred, und ja, ich folge. CD raus aus dem Player. Nicht noch einmal!
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COUNTRY / ALTERNATIV
Ryan Adams: Cold Roses (2 CD)
Die Liebe. Ja, die Liebe macht Ryan Adams schwer zu schaffen. Besonders die Liebe, die gegangen ist. Und die Leere, die bleibt. Liebe und Leere scheinen den Mann aber auch zu inspirieren, sind sie doch das Hauptmotiv seiner aktuellen Platte "Cold Roses". Die hat er mit seiner neuen Band The Cardinals aufgenommen, und bereits der Titel deutet an, dass hier höchstwahrscheinlich keine frühlingsheitere Kost geboten wird. Der Opener "Magnolia Mountain" überschwemmt einen denn auch richtiggehend mit Wehmut und Sehnsucht. Begleitet von Steel Guitar und weiblichem Harmoniegesang fleht Adams seine Angebetete an, ihn zu belügen und noch bis zum Morgen zu bleiben. Diese melancholische und zugleich verlangende Grundstimmung zieht sich durch das gesamte Werk. Im Vergleich zu seinen bisherigen musikalischen Outputs setzt Adams sein Stimmorgan mannigfaltiger ein. Ob gepresst, von Leidenschaft gequält, zart und zerbrechlich oder organisch und kraftvoll - gekonnt transportiert er die unterschiedlichen Emotionen der Lieder über seinen Gesang. Wunderschön in seinem Aufbau kommt zum Beispiel das Stück "Meadowlake Street" daher. Haucht Adams zu Beginn seine Vocals zu minimaler Begleitung einer akustischen Gitarre, gewinnt seine Stimme im Laufe des Stücks mit gesteigerter Verzweiflung und anschwellender instrumentaler Unterstützung an Kraft und trägt einen fort, weit weg ins adam'sche Land der nach Liebe Dürstenden. Neben Herzwundheit und Begehren kommen aber auch Ansätze von Resignation zum Ausdruck: "I ain't afraid of hurt, I've had so much it feels just like normal to me now", hält der Amerikaner in "Now That Your'e Gone" ergeben fest. Hört sich jetzt wohl alles etwas gar elegisch an. Ryan Adams klingt jedoch nie weinerlich oder allzu selbstquälerisch. Vielmehr verleiht er seinen Songs trotz oftmals leidvollen Inhalten mit spielfreudiger instrumentaler Begleitung und eigenwilliger Rhythmik eine gewisse Leichtfüssigkeit. Ausserdem macht er es sich nicht in seinem Seelenschutt gemütlich, sondern rafft sich immer wieder auf, um mit Stücken wie dem rock'n'rolligen "Beautiful Sorta" ("Gimme a beer! One, two, three, four …"), dem dynamischen "Dance All Night" oder dem lebensbejahenden "Life Is Beautiful", die Geister des Schwermutes zu vertreiben. "Cold Roses" ist countrylastiger ausgefallen als seine letzte Veröffentlichung, die EP "Love Is Hell Part 1 & 2". Das könnte am Einfluss der Cardinals liegen, die zum flüssigen Songwriting ein geerdetes musikalisches Fundament legen. Die Chemie zwischen seiner neuen Begleitband/Co-Songwriter und Adams stimmt auf jeden Fall und lässt den Sound sehr homogen wirken. Vielleicht fast etwas zu geschliffen - die eine oder andere Kante, hätte das Doppelalbum noch interessanter gemacht. Man sollte anderen Menschen ja eigentlich nichts Schlechtes wünschen. Wenn Ryan Adams aber "dank" Liebespein weiter so berührende Platten veröffentlicht, wünsche ich ihm von Herzen noch ganz viele unglückliche Beziehungen.
Jetzt bestellen für nur SFr. 21.90 anstatt SFr. 28.90

 

MUSIK DVD TIPP
Björk: Medulla (2 DVD)
Zum aktuellen Album "Medulla" kommt nun die DVD mit einer Dokumentation die während den Album-Aufnahmen gedreht wurde, alle Videos mit diversen Specials und dem ganzen Album in 5.1 Dolby Surround-Sound
Jetzt bestellen für nur SFr. 39.80

 

BUCH TIPP
Harte Brocken.: Brave Nu World. Der Siegeszug des Nu Metal
Amerikanische Metal-Gruppen, die so genannte "weisse HipHop-Szene", hat sich in den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts weltweit als neue Massen-Subkultur durchgesetzt. Bands wie Korn, Limp Bizkit, Slipknot, Linkin Park und der berühmt- berüchtigte Marilyn Manson haben im Zuge dieses Prozesses das Aussehen und den Sound des modernen Hardrock grundlegend neu definiert. Warum waren sie dabei so phänomenal erfolgreich? Wo liegen die Wurzeln dieser Musik, und wohin führt sie? Solche Fragen beantwortet der Autor, indem er mit den wichtigsten Protagonisten der Szene spricht und durch ihre Augen die neue Nu-Metal-Szene genau unter die Lupe nimmt. Wer die jüngste Entwicklung der Popmusik verstehen will, kommt an der Lektüre dieses ebenso spannenden wie aufschlussreichen Buchs nicht vorbei.
Jetzt bestellen für nur SFr. 30.80

 
Text-Quellen: Diverse
12.05.2005 14:48:38 / enzo
Alle Angaben ohne Gewähr
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