News Detail: CD: Top Tipps |
ELECTRO
/ DANCE
Prodigy:
Always Outnumbered, Never Outgunned
Jubelschreie tönen 'gen Himmel. Die Prodigy-Fangemeinde
darf sich endlich wieder einen offiziellen Silberling an die Wand nageln.
Sage und schreibe sieben Jahre ist es nun her, seit sich Bühnen-Turner
Keith Flint ob der Nachricht der ersten US-Nummer eins einen von der Palme
wedeln durfte. Nach dem musikalischen Milchbrötchen "Baby's Got
A Temper", das Howlett mittlerweile selbst nicht mehr verbrochen haben
möchte, und einem Gerüchten zufolge komplett eingestampftem Album-Projekt
steht nun das Neue in den Läden. Die Aufnahmen zu "Always Outnumbered,
Never Outgunned" fanden ohne die Beteiligung von Flint und Maxime statt.
Liam wollte anscheinend neue Wege gehen, um sich nicht selbst in die künstlerische
Sackgasse zu manövrieren. Schön und gut, aber das Vorhaben, den
Elektro-Kahn nach Jahren des Dahindümpelns wieder in flottere Strömung
zu manövrieren, geht mit Album Nummer vier gehörig in die Hose.
Schon der Opener "Spitfire" verheisst nichts Gutes. Über
fünf Minuten passiert nämlich überhaupt nichts. Über
ein indisch anmutendes Sample und ein gehauchtes "uuuhaaahuuu"
rumpeln altbekannte Beats Seite an Seite mit einer verzerrten Klampfe. Juliette
Lewis darf "if I was in world war 2 they'd call me spitfire"
sowie "cause you know that i can" singbrüllen, und das war's
auch schon mit der Songidee. Die Engländer scheinen immer noch nicht
verwunden zu haben, dass sie den 2. Weltkrieg gewonnen haben. Wie heisst
es doch so schön in Fawlty Towers: "Don't mention the war".
Der zweite Schlag "Girls" ist ein starker, und zwar ins Wasser.
Über die anfänglichen Breakdance-Beats des "Style Of Streets-Samples"
knallt Howlett den altbekannten Bass-Wumms, den Vocal-Part steuern "The
Magnificent Ping Pong Bitches" bei, die auch besser bei den kleinen
weissen Bällchen hätten bleiben sollen. Peinlich, dass hier
qualitativ das Original vor der Zweitverwertung über die Ziellinie
geht. Besserung kehrt erst mit "Memphis Balls" ein, vielleicht
auch deshalb, weil Howlett auf Samples verzichtet und seinen eigenen Scheiss
auf die Beine stellt. Richtig überzeugen kann aber auch diese Nummer
nicht. Twista
macht seine Sache bei "Get Up Get Off" zwar gut, aber auch er
geht in der howlett'schen Beatologie unter. Da kickt nichts, was den Track
bemerkenswert machen würde. Plötzlich aber taucht im Einheitsbrei
der Programmierung ein Brecher wie "Hotride" auf. zum ersten Mal
schwingt sich Liam in luftige Höhen und macht vor, wie hypnotisch Monotonie
sein kann. Ein knüppelhartes Beat-Brett im gehobenen Tempo gibt dem
Songtitel die richtige Bedeutung. Am Mikro steht wieder Juliette
Lewis, und diesmal verpasst sie dem supersonischen Ritt den richtigen
Drive. Ihre rauchig-heissere Interpretation der Lyrics passen wie der
Arsch auf die Pfanne, selbst wenn Juliette in einem imaginären Ballon
unterwegs ist. Ein einsamer Lichtblick im Dunkeln, wummert und distorted
sich Mr. Prodigy
im weiteren Verlauf doch konzeptlos und nervend durch seine Klanglandschaften.
Die immer wieder eingeblendete Bimmel in "Wake Up Call" scheint
prophetisch die letzte Runde der prodigy'schen
Kreativität einzuläuten. "Action Radar" könnte
glatt aus einem alten Wave-Album von Ministry
stammen. Und so wummert, kratzt und doomt es in einem furchtbar langweiligen
Einerlei fort. Lediglich "You'll Be Under My Wheels" sticht noch
einmal aus der Zwerchfell-Quälerei heraus, kann aber ebenfalls nicht
an vergangene Glanztaten anknüpfen. Nicht dass Prodigy
früher den Stein der Elektro-Weisen gefunden hätten, sie schüttelten
aber immer wieder Dance-Granaten aus dem Ärmel, die auf den Tanzböden
dieser Welt für enorme Wellen sorgten. Anno 2004 ist von dieser Magie
nur noch ein kümmerlicher Rest von Selbstreferenzen und düsterem
Beat-Brei übrig geblieben, den in dieser Form keiner mehr braucht.
Da kann zum Abschluss hin Liam Gallagher (Oasis)
nölen wie er will, auch seine Worte hallen unheilvoll in den Ohren:
"Your time is running out" ..
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R &
B / SOUL
R.
Kelly: Happy People (2 CD)
Zwei Herzen schlagen in des Soul-Königs Brust. Zum einen wirbelt ein
nervös zuckender Hüftschwung-Impuls seine Innereien durcheinander,
zum anderen sucht seine Seele nach göttlich grossen Gefühlen.
Um diese beiden Charaktere gleichberechtigt seinem Publikum zu öffnen,
veröffentlicht R.
Kelly nun das Doppelalbum "Happy People/U Saved Me". Dort
trennt er die Balladen strikt von den Club-Brechern. Der "Happy People"-Part
schwoft entspannt in der Tradition des berühmten Chicago Step-Dance.
R.
Kelly lässt auf "Red Carpet", "Love Signals"
oder "Love Street" den Groove der 60er und 70er Jahre wieder aufleben
und holt selbst im schwülsten Club die hüftsteifen Gangster auf
die Tanzfläche. Der Sänger zeigt wieder einmal, dass er die Trends
setzt. Während die ganze Welt bis zum Erbrechen bounct, lässt
er die Puppen geschmeidig tanzen. Der zweite Teil seines Doppelalbums zeigt
Kelly von seiner verletztlichen Seite. Auf "U Saved Me" dankt
er Gott, dass er ihn aus seiner Depression gerettet hat, und erzählt
in "Prayer Changes" innig von seinem unerfüllten College-Traum,
ein NBA-Star zu werden. Die balladesken Tracks stehen in der Tradition von
Kelly-Klassikern wie "I Believe I Can Fly" oder "Turn Back
The Hands Of Time" und müssen sich dank der herzzerreissenden
Soul-Melodien nicht vor diesen verstecken. Verstecken ist eben nicht R.
Kellys Ding. Trotz der Anschuldigungen und Gerichtsverhandlungen
liefert er auch jetzt wieder R'n'B-Sport der Sonderklasse ab. "Happy
People/U Saved Me" erfüllt definitiv die hohen Erwartungen. Nach
dem tiefen Fall von Michael
Jackson, der freiwilligen Zurücknahme von Prince und den ganzen
austauschbaren Newcomern strahlt R.
Kellys Stern auch 2004 am hellsten am Black Music-Firmament.
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PUNK
/ COMPILATION/SAMPLER
Rock
Against Bush 2 (2 CD)
Die Präsidentschaftswahlen in den USA rücken näher, Bush
und Kerry scharen ihre Anhänger medienwirksam um sich und werfen die
Netze zum Wählerfang aus. Der Demokrat Kerry kann sich starker audibler
Unterstützung sicher sein. Die Bush-Gegner feuern aus allen Rohren.
Punkvoter, die Abwahlinitiative aus dem Hause Fat Wreck geht mit "Rock
Against Bush Vol. 2" bereits in die - logisch - zweite Runde.
Das Konzept der ersten "Rock
Against Bush"-Scheibe hat sich bewährt, wieder gibt es
CD und DVD. Wieder gibt es viel Propaganda zum fairen Preis, über 70
Minuten Punkrock für jeden Geschmack. Und diese Ausgabe ist noch prominenter
besetzt als die erste. Green
Day besingen den "Favorite Son" fast in beatlesquer Tradition,
dass man auf das neue Album der drei wirklich gespannt sein dürfte.
Bad
Religion verabreichen Krieg in Drei-Akkord-Dosen, eine erstaunlich
gute Abwechslung zum sonstigen Bad
Religion-Einheitsbrei. Die anderen Schwergewichte: No
Doubt mit einer etwas älteren Nummer ("Comforting Lie"),
die Foo
Fighters covern mi "Gas Chamber" kurz und schmerzlos die
Angry
Samoans, Sick
Of It All zeigen sich mit "Can't Wait To Quit" gewohnt
kompromisslos, "7 Years Down" nöhlen Rancid
in altbekannt grossartiger Manier. Solidarität demonstrieren auch
zwei europäische Beiträge, die unfehlbaren (International)
Noise Conspiracy pflegen ihren Stil mit "My Star" und
- Ibbenbüren Rock City - die Donots
rocken mit gegen Bush und stellen fest, dass seine Zeit vorbei ist.
Von den 28 Bands war übrigens noch keine auf dem ersten Sampler vertreten,
stilistisch werden alle Felder beackert. Ob Ska-Punk von Operation
Ivy oder den Mad
Caddies, Theken-Punk à la Dropkick
Murphys (Achtung: Patrioten gegen Bush!) oder Flogging
Molly mit dem wirklich ganz schönen "Drunken Lullabies".
Gut, nicht alles hat was mit Politik zu tun, auch Yellowcards
"Violins" will nicht so recht passen. Andererseits ist diese Compilation
sicher auch Plattform für unbekanntere Bands wie Jawbreaker
oder die immer noch zu wenig beachteten Autopilot
Off, man will ja auch nicht die ganze Zeit den erhobenen Zeigefinger
hören. Etwas radikal wird es, wenn Sleater
Kinney fordern "Off With Your Head", aber: Supersong!
Grossen Vokalsport bieten die Dillinger
Four ebenso wie Hot
Water Music, die ihr "Kill The Night" von den Sessions
zum im September erscheinenden Album "The New What Next" spendeten.
Bei den meisten Songs handelt es sich um Raritäten und unveröffentlichte
Songs, was den Sampler für Punkvernarrte sicher interessant macht.
Die DVD dient neben den Songs und dem Booklet als Propagandamaschine, leider
waren einige der kurzen Polit-Filmchen schon auf der Beilage der ersten
Compilation zu sehen, allerdings finden sich hier auch einige interessante
Beiträge. So zum Beispiel ein Film über die amerikanischen Medien
im Krieg (in dem auch Michael
Moores Auftritt bei den Oscars zu Ehren kommt) oder ein Clip über
die Soldaten in Irak. Abgerundet werden die manchmal schockierenden Bilder
(wie schon von Vol. 1 bekannt) mit Comedians und Videos von Alkaline
Trio, Bad
Religion, Flogging
Molly, NoFX
und Thought
Riot. That's Entertainment! Ob es am Ende ein Verdienst von Punkvoter
sein wird, wenn mehr junge Menschen im Herbst wählen gehen, lässt
sich sicher schwer feststellen. Direkt greifbar ist jedoch die Tatsache,
dass es politisch bewusste Künstler gibt, die sich engagieren. Und
dass aus dem Hause Fat Wreck immer noch die besten Punksampler kommen.
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DEUTSCH
/ METAL
Böhse
Onkelz: Adios (CD & DVD)
Was ist nicht alles über die Onkelz
geschrieben, gesagt und verbreitet worden. Es ist schon erstaunlich, welchen
Einfluss die Band im Laufe der Jahre gewonnen hat, doch ausgerechnet an
diesem Punkt ihres Schaffens, nehmen die Onkelz
ihren Hut. Ist es wirklich so, wie sie selbst sagen? Dass jedes Lied gesungen
ist? Alle Worte gesagt sind? Wohl kaum, denn mit "Adios" haben
sie ein Album am Start, mit dem sie sich alles andere als leise verabschieden,
und dem man noch mal seine volle Aufmerksamkeit widmen sollte. Auf der Scheibe
bekommt der Fan genau das geboten, was er erwartet. Songs wie "Feuer"
oder die erste Single "Onkelz
vs. Jesus" zeigen das Quartett, wie es sich teils auf ironische, teils
auf gewohnt selbstverliebte Art abfeiert. Dennoch sind sie schon seit längerem
erwachsener und kritischer, so sind die Texte nicht selten bissig und räumen
mit Missständen verschiedenster Herkunft auf. Retortenshows wie Deutschland
Sucht Den Superstar ("Superstar") oder Drogenkonsum ("Prinz
Valium") bekommen in typischer Onkelz-Manier
ihr Fett weg. Erstaunlich ist jedoch, dass sie ein letztes Mal den (wohl
vergeblichen) Versuch unternehmen klarzustellen, dass weder die Band, noch
der Grossteil der Fans für Rechtsradikalismus stehen. "Hass-tler"
ist somit textlich und musikalische ein Glanzpunkt des Albums. Mit "Sowas
Hat Man ..." gewährt der Philosoph Weidner einen sehr intimen
Einblick in sein Seelenleben, lässt aber "Fang Mich" keinen
Zweifel daran, dass es mit den Onkelz
nach dem Album und der Tour vorbei ist. Da waren die Jungs immer konsequent
mit ihren Aussagen. In Höchstform zeigen sie sich nochmal mit "Einmal"
(genialer Text) und Kinder dieser Zeit (ein klarer Aufruf zum Miteinander),
die beide den Abschied nicht unbedingt leicht machen. Daran ändert
auch die Abschiedshymne "Ihr hättet Es Wissen Müssen"
nichts, die auf der folgenden Tour im Zugabenteil neben "Erinnerungen"
hoffentlich nicht fehlen wird. Bei all der Lobhudelei sollte man aber nicht
übersehen, dass mit "Ja, Ja" und "Lass Mich Gehn"
(was soll das pubertäre Geschrei denn? Dachte fast, da hängt die
CD) auch zwei schwächere Songs auf dem Album stehen. Auch der Mix der
Scheibe hätte besser sein können, denn Kevins Gesang ist oft zu
leise und es fällt manchmal schwer zu bestimmen, ob Kevin oder Stefan
singt. Auf der beiliegenden DVD lässt Stefan ziemlich deutlich durchblicken,
dass die Aussichten auf eine Solo-Scheibe nicht die schlechtesten sind.
Das kann den Abschied zwar nur bedingt leichter machen, aber zumindest bleibt
die Hoffnung, dass der Mann auch in Zukunft seine Wut und seine Gedanken
in Worte und Musik packt.
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JAZZ
/ POP/ROCK
Kante:
Zombi
Da ist sie also, die dritte Platte von Kante.
Nachdem sich Peter Thiessen und seine Mitstreiter mit "Zweilicht"
in den Himmel katapultierten, lagen die Erwartungen für den Nachfolger
enorm hoch. Jetzt ist er da, hört auf den schönen Namen "Zombi"
- der Running Gag mit dem "Z" geht also weiter - und hält
neun Volltreffer und einen Totalausfall für den Hörer bereit.
"Moon, Stars and Planes" eröffnet das Album sehr ruhig und
gelassen. Gleichzeitig bereitet einen der Opener auf Grosses vor. Was
nun folgt, ist textlich und musikalisch ein Meisterwerk oberster Kante-Klasse:
"Schwaches Gift". Ein perfektes Stück Musik, das langsam
und mit jedem Hören tiefer "in die Nervenströme sickert".
Auf knapp zehn Minuten Länge dehnt Thiessen sein Leiden aus und macht
dabei deutlich, dass Blumfeld
hier schon lange nicht mehr mithalten können. Allein dieser Song rechtfertigt
den Kauf der Platte. Das folgende "Im Inneren der Stadt" steht
anfangs noch im Schatten des übergrossen Vorgängers und kann
sich erst im Refrain von ihm befreien. Erstmals werden auch die für
Kante
üblichen Jazz-Einflüsse deutlich, das Tied & Tickled
Trio lauert hinter der nächsten Ecke. Titelsong "Zombi" geht
wiederum dank (kantigem) Pop-Appeal sofort ins Ohr. Die erste Single würde
sich auch halbwegs für die Charts und Dank des wunderbar absurden Videos
auch fürs Musik-TV eignen, hätte VIVA2 nicht längst das Zeitliche
gesegnet.
Das zwischen südamerikanischen Rhythmen und Jazz wandelnde Instrumental
"Baron Samedi" bildet einen gelungenen Übergang zum zweiten
Teil der Platte. In "Wenn man im Atmen innehält" beweist
Thiessen wiederum zwei Dinge: Welch grandioser Beobachter er ist, und wie
leicht es Kante
fällt, Bilder im Kopf des Hörers zu erzeugen. Grosses Songwriting,
genau wie das folgende "Ich Kann Die Hand Vor Meinen Augen Nicht Mehr
Sehen", das sich schnell als zweiter "Übersong" des
Albums entpuppt. Auch wenn man sich beinahe Sorgen um den Gemütszustand
von Peter Thiessen machen möchte - so lange er Verzweiflung als Antrieb
zu solchen Grosstaten nutzt, kann man nur bewundernd zuhören.
Wiederum verpackt er Verlust und Gelähmtheit in ein überlanges
Stück Musik. Doch auch fröhlichere Aspekte sind auf "Zombi"
auszumachen. "Wo Die Flüsse Singen" klingt nach Hoffnung
und nach Aufbruch in eine angenehmere Umgebung. Noch freundlicher ist "Warmer
Abend", das allerdings den Preis für das belangloseste Kante-Stück
ever gewinnt. Keine Ahnung was die Band dazu getrieben hat, nach all diesen
Perlen diesen Song auf die CD pressen zu lassen. An sich nicht übel,
wirkt "Warmer Abend" hier vollkommen deplatziert und verhindert
die Höchstwertung für "Zombi". Trotzdem ist die Platte
ein unglaubliches Stück Musikgeschichte, Kante
bewegen sich im deutschsprachigen Bereich weiterhin in ihrer ganz eigenen
Liga.
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DEATH-
/ TRASH METAL
Napalm
Death: Leaders No 1 Followers Part 2
Nachdem Napalm
Death '99 schon mit der "Leaders
Not Followers" EP ihren alten Helden Respekt gezollt hatten,
so wiederholen sie das nun auf ihrem Century Media-Debüt in Longplayer-Dimensionen.
Wie auf der EP auch versuchen die Engländer nicht, die Songs der ausgewählten
Bands grossartig zu verändern oder klangtechnisch zu verbessern,
sondern sich so weit wie möglich am Original zu orientieren. Dass dabei
dann doch der eine oder andere Track wie eine typische Napalm
Death-Nummer klingt, liegt wohl in der Natur der Sache. Auch auf
"Leaders
Not Followers: Part 2" kommen natürlich wieder hauptsächlich
Material zum Einsatz, das so manch einer der jüngeren Generation gar
nicht mehr kennt und folglich noch nie gehört hat. Dass hier Devastation,
Wehrmacht
und Massacre
gecovert werden, dürfte wohl nicht nur mich zum Plattenschrank getrieben
haben, wo manch alte Perle schon seit langer Zeit ungehört vor sich
hinstaubt.
Passend zu dem durchwegs älteren (das jüngste Original wurde 1990
aufgenommen) und stellenweise sogar nur auf Demo-Tapes veröffentlichten
Material, sind die Tracks alle mit einem sehr rohen, dreckigen Sound versehen.
Das sorgt dafür, dass die Songs noch eine Spur authentischer klingen
und mit einem gehörigen Tritt in den Arsch aus den Boxen poltern.
Als Special Gimmick haben die Napalms ihren alten Basser Jim Whiteley ausgegraben,
der die B-Seite der legendären "Scum" Scheibe eingespielt
hat und auch einige Lyrics beisteuerte. Der Kerl durfte bei Discharges
"War's No Fairytale" und "Game Of The Assholes" von
Anti-Cimex ran.
Für die nachwachsende Generation gibt es auf "Leaders
Not Followers: Part 2" ein paar Kleinode zu entdecken, an denen
sie sonst vielleicht vorbei gestiefelt wären.
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HIP
HOP/RAP
Mobb
Deep: America's Nightmare
Ice
Cube war wegen seiner aggressiven Polit-Lyrics "AmeriKKKas
Nightmare", Eminem
ist es dank seiner Attitüde. Mobb
Deep dagegen verdienen sich die "Amis Alptraum"-Meriten
eher mit ihrem Sound des urbanen Untergangs, zumindest auf den grandiosen
Werken "Infamous" und "Hell On Earth". Doch dürfen
sie den Titel auch 2004 tragen? Auf den Alben "Murda Muzik" (1999)
und "Infamy" (2001) versuchte der Mobb
aus Queensbridge, New York, seine Beats mehr oder weniger erfolgreich an
den timbaland'schen
Bounce-Appeal dieser Tage anzulehnen. Die zwei Mixtape-CDs "Free Agent:
The Murda Mixtape" und "Infamous Allegiance Part 1" verstärkten
diesen Eindruck noch. Die hypnotischen Loops hatten an Schärfe und
Gefährlichkeit verloren, und Prodigy
rappte lust- und zahnlos. Umso verwunderlicher, dass das Rap-Duo auf seinem
sechsten, offiziellen Album "Amerikaz Nightmare" die Anfangsfrage
mit der Rückkehr zu den dunkleren Nächten ihrer Vergangenheit
beantwortet. Prodigy
und Havoc
lassen bis auf Red Spydas Flötenmonster "Real Niggaz" und
dem böse bouncenden Joint "Got It Twisted" den Club mit straighten
Kopfnicker-Beats und der Abstinenz von R'n'B-Hooks links liegen. "Flood
The Block" drängt sich mit old schooligem Mitgröhl-Refrain
ins Autoradio, das filmreife Drama "When You Hear The" von Beatbastler-Buddie
Alchemist folgt. Selbst die Gastauftritte von Nate
Dogg ("Dump"), Kanye
West ("Throw Your Hands") und Lil
Jon ("Real Gangstas") fügen sich dem Soundtrack des
urbanen Untergangs und "Amerikaz Nightmare". Auch wenn der Alptraum
nicht die Hölle auf Erden ist, so wird der Mobb
doch aus den Ghettoblastern derer dröhnen, die auf der Schattenseite
der Grossmacht leben.
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HARD
ROCK
Swosh!:
The Whole Nine Yards
Swosh!
soll ja ein altes gälisches Wort sein und ungefähr so viel wie
'Prinzip' bedeuten. Ob das nun stimmt oder nicht ist erst einmal Banane,
denn die Aussprache alleine bringt schon relativ gut rüber, wie die
Band klingt. Energetisch, unverbraucht und frisch. Da mag der schon traditionell
miesepetrige Indie-Jünger ob der Zusammenarbeit von Sänger Tino
Oac mit den Söhnen
Mannheims oder Nena die Nase rümpfen. Lassen wir ihn in der
Schmollecke stehen, denn Swosh haben sich die mediale Beachtung seit ihrer
EP "Walk On Left Of Pavement" spätestens mit dem Debütalbum
redlich verdient. Tino Oacs bluesig angehauchte Stimme steht im Mittelpunkt
des Songwritings und markiert den Stützpfeiler von Swosh!.
Besonders offenbart sich dies bei der gefühlvollen und anrührenden
Klassenummer "Front Door". Eine eingängige, mit sehr viel
Pop-Appeal versehene Hookline schmiegt sich ans Ohr und unterstützt
dabei die melancholischge Grundstimmung des Songs. Die Badener hegen ein
Faible für die gepflegte Trübsal, die immer wieder aus ihren Kompositionen
hervor sticht. Beim Grossteil der Songs hatten Kurt Ebelhäuser
und Guido Lucas (Blackmail, Scumbucket) die Hände an den Knöpfchen.
Ein mutiger Schritt, die eigenen Babys anderen in die Hände zu geben
angesichts der Tatsache, dass Tino Oac sie mit seinen Produzenten-Fähigkeiten
selbst hätte gross ziehen können. Bei dem Soundkostüm
ist Mäkelei jedoch unangebracht. Knackig und auf den Punkt gebracht
harmonieren die Instrumente miteinander um die Wette, ohne dass sich eines
störend in den Vordergrund schieben würde.
Das tut den Songs hörbar gut. "Spin Around" als erste Single-Auskopplung
geht zwar gut ins Ohr, ist aber bei weitem nicht das Highlight des Albums.
Den Spitzenplatz erobern sich andere. Das erwähnte "Front Door",
die Düsternis von "Privacy" oder die ergreifende Melodik
von "Bound" offenbaren professionelles Songwriting sowie dessen
absolut souveräne Umsetzung. Speziell Alex Nies am Schlagzeug pfriemelt
sich herrlich einen ab. Meilenweit von simplem 08/15-Getrommel entfernt
setzt er immer wieder gekonnt rhythmische Kontrapunkte. Schade nur, dass
sie das Songfragment "XXXXX" nicht zu einem kompletten Lied ausgearbeitet
haben, denn das staubtrockene Stoner-Interludium hätte doch eine ganz
schmucke Nummer abgegeben. Der Brüller kommt jedoch ganz zum Schluss.
Nach der zehnminütigen Achterbahnfahrt "In Vain" und einer
Pause von etwas weniger als drei Minuten liessen die Swoshers das Band
mitlaufen, als Bassist Enzo Miucci mit Danko
Jones' "Forget My Name" auf dem Kopfhörer versucht,
offenbar ohne Kenntnis des Textes, den Song mitzuträllern. Beim ersten
Hören klingt das eher wie Hebräisch für Anfänger. Schön,
dass eine Band, die sich Professionalität auf die Fahne geschrieben
hat, so selbstironisch sein kann.
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HIP
HOP/RAP
213:
The Hard Way
Bereits in den Achtzigern bildeten Nate
Dogg, Warren
G und Snoop
Dogg das Trio 213.
Wegen der erfolgreichen Solokarrieren der drei Westcoast-Rapper erscheint
aber erst jetzt ihr Debütalbum "The Hard Way", das mit seiner
sommerlich erotischen Atmosphäre und Tracks wie "Groupie Luv",
"Joysticc" oder "My Dirty Hoe" eher an "The Sex
Way" erinnert. Wie die G-Unit
setzen die Drei von der Funkstelle bei ihrer Version der "Groupie Luv"
auf relaxte Clap-Beats modernster Prägung von Veteran DJ Pooh. Nate
Dogg croont die Hookline in gewohnt lässiger Manier, während
sich Snoop
Dogg und Warren
G die frivolen Raps teilen. "I need a ride or die-bitch that
gets dirty and gouchie", nimmt Warren
G kein Feigenblatt vor den Mund und verspritzt auch im kruden 80er-Track
"Joysticc" seine Rap-Samen. "Most women I know love the joysticc
and love playing with it, when it goes to extra inch". Zu ernst sollte
man die eindeutige 213-Lyrik
jedoch nicht nehmen. "Es ist eine Spassplatte, die einfach jeder
liebt. Als wir anfingen, daran zu arbeiten, waren im Studio alle Girls sofort
verrückt danach", erklärt Snoop
Dogg mit einem Augenzwinkern. Gangbanging mal anders. Natürlich
wollen 213
auch den 'echten' Gangsta-Funk wieder beleben - ohne Beats vom G-Paten Dr.
Dre eine fast unmögliche Aufgabe. So qäulen sich die Drei über
die fiepsig-flapsig dünnen Synthie-Zwerge "213
Tha Gangsta Clicc", "Keep It Gangsta". Da cruist nix, da
bangt nix, da flutscht nix. Das ändert sich zum Glück mit den
smoothen Sommerhymnen "Lonely Girl" oder "Run On Up",
dem schwül warmen Kanye
West-Soulmix "Another Summer" und besonders der Rollin'
on Chrome through the City Lights-Hymne "MLK". Feinste Nate
Dogg-Hookaction beschliesst mit "So Fly" und dem
70er Funk-Tune "Gotta Find A Way" dann das Album, das nur einen
Gewinner kennt: Nate
Dogg, denn Nate
Dogg ist Gott. Nate
Dogg ist Cadiallac. Nate
Dogg ist Melancholie. Und last but not least: Nate
Dogg ist auch Sex.
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MUSIK
DVD
Ärzte,
Die: Die Band die sie Pferd nannten (2 DVD)
Eigentlich müsse man ewig mit der Band weiter machen, sinnierte Chefarzt
Farin
Urlaub einmal, die Hobbys der einzelnen Bandmitglieder seien einfach
zu teuer. Vermutlich bereist Urlaub also auch noch im Jahr 2024, er wäre
dann sechzig, mit seinem Motorrad die weite Welt, sähe ungefähr
so zerknittert aus wie im aktuellen Videoclip "Deine Schuld" und
kämpft zwischendurch mit seinen beiden berufsjugendlichen Begleitern
eifrig und erfolgreich gegen die Gefahren der Geriatrie an. So geschehen
vergangenen Dezember in Oberhausen: Drei Typen, zwei Nächte lang in
einer 14.000-Mann-"Arena". Macht Pi mal Daumen sechs Stunden DVD-Vergnügen,
wie die Band selbst vorrechnet. Wie genau sie darauf kommt, darf jeder selbst
ergründen. Faktisch liegen uns 43 Songs und ein Medley vor, jede Menge
Ansagen und Trailer sowie eine metrosexuelle Menüführung, der
ich mich in meiner liberalen Ausrichtung zwar artig gefügt habe, die
mir mirakulöserweise (schönes Wort, Farin!) aber auch nicht so
viele Features näher bringen konnte, als dass ich auf sechs Stunden
käme. Egal, denn hier wütet die beste Band der Welt, die sie im
Übrigen einst Pferd nannten. Man lernt ja nie aus. Mit dabei sind trotzdem
die alten Themen: Liebe und Hass (auch ohne "Elke"), Rock'n'Roll
und Bravopunks, Nordseeinseln und explodierte Freundinnen, eingefangen von
mindestens 30 Multi-Angle-Kameras und in Top-5.1-Sound. Ob Bela im schwarzen
Netzhemd Pirouetten dreht, seine Elvis-Brille aufsetzt, ob Farin seine Schneidezähne
zeigt, mit der ersten Reihe flirtet, Rod in die Klaviertasten greift, oder
die Vorgruppe Fettes
Brot plötzlich auf die Bühne tanzt, immer ist man hautnah
dabei. Der einstudierte Punk-/Hip Hop-Zwist mit den Hamburgern bei "FaFaFa"
gehört zu den Höhepunkten des Spektakels.
Wie immer wimmelt die Show natürlich vor Zitaten aus dem weiten Fundus
der Musikgeschichte, vor allem das neue Album der Kassierer, das auf Rods
Label erschien, hat es den Berlinern spürbar angetan. Ausserdem
gibts etwas Ska ("Motherfucker 666"), einige Rod-Songs ("T-Error",
"Anti-Zombie", "Geisterhaus", "Dinge Von Denen"),
ein Lichtermeer bei "Mach die Augen zu" und natürlich Klassiker
wie "Grace Kelly", den Song über "die Mutter Beimer
der 60er Jahre" (Bela). Zwischendurch erscheinen alle mal eben im Anzug
und stellen die "MTV Unplugged"-Atmosphäre nach und Bela
kämpft kurz mit einer überlebensgrossen Diskokugel - was
man als Rock'n'Roll-Übermensch für seinen Lebenserwerb halt so
macht. Dennoch stehen die drei beinahe verloren auf dieser Riesenbühne,
die normalerweise für Grössen wie Metallica
reserviert ist. Was ihre mit Laser und Gimmicks aufgeblasene Rock'n'Roll-Comedy
nicht schmälert. Schön auch, dass man sich das Konzert zusätzlich
mit Kommentaren der Protagonisten zu Gemüte führen kann. Farin
outet sich dort als Ärzte-Fan,
lobt seine eigene Bühnenshow und disst die Kollegen: "Auch schön
hier zu sehen ist Belas Bassdrum, sie entspricht nicht ganz der Grösse
seines Egos, aber sie kommt nahe dran". Das Fazit muss also lauten:
Ein einziger Triumph der Band, die sie Pferd nannten. Wobei der ursprüngliche
DVD-Titel "Das Auto des Jahres" auch schön ist. Die hohe
Kunst der Film-Veralberung ist natürlich auch mühelos erweiterbar.
Wir plädieren für "Drei Nasen tanken Super", "Rod
Gun" oder "Die Band, die zuviel wusste". Oder noch besser:
"Dr. Urlaub - oder wie ich lernte den Bela zu lieben"? Keine Ahnung,
warum ich gerade so albern bin. Dauert das Ganze etwa tatsächlich sechs
Stunden?
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Text-Quellen:
Diverse |
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25.08.2004 19:35:20 / enzo Alle Angaben ohne Gewähr |
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Wird aktuell angeschaut... |
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