News Detail: CD: Top Tipps |
SOUNDTRACK
Soundtrack:
Spider-Man 2
Regisseur Sam
Raimi konnte bei der Fortsetzung zum erfolgreichen Superhelden-Plot
mit beiden Händen aus dem Vollen schöpfen. Mit einem Budget von
200 Millionen Dollar bewegt sich auch die finanzielle Seite in Superhelden-Regionen.
Avi Arad, seines Zeichens Präsident von Marvel
Comics, half bei der Ausgestaltung der Story, was sicher stellen sollte,
dass die Leinwand-Version des Spinnenmanns mit der aus den Heftchen übereinstimmt.
Die klassische Score-Arbeit des Films oblag, wie bereits bei Spider-Man,
den Händen von Danny Elfman. "Spidey Suite" sowie die "Doc
Ock. Suite" künden davon. Die Auswahl der Bands für den Soundtrack
folgt ebenso dem bewährten Schema. Angesagte Alternative-Combos steuern
Non Album-Tracks und exklusive Kompositionen bei, die insbesondere für
Fans der Interpreten interessant sein dürften. Maroon
5 zum Beipiel sind eigens für die Aufnahmen von "Woman"
ins Studio gegangen. Die Überraschungs-Chartsstürmer aus den USA
beschreiben in ihrem Beitrag die tragische Liebesgeschichte von Spider-Man
Peter Parker zu Mary Jane. Die Ehre der ersten offiziellen Single-Auskopplung
gebührt jedoch der jungen Schwedin Ana
Johnsson, die mit "We Are" ähnlich balladesk zu Werke
geht wie Chad Kroeger (Nickelback)
und Josey Scott (Saliva).
Der Soundtrack hat es in sich und ist mit einem sicheren Gespür für
gute Bands zusammen gestellt worden. Dashboard
Confessional, Lostprophets
und die Garage rockenden Jet
sind jung, talentiert und schreiben gute Lieder.
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ITALIA
/ COMPILATION
Verschiedene:
Die Hit Giganten: Italo Hits (2 CD)
Es gibt einige Bilder aus der Kindheit, die sich ganz tief eingebrannt haben
und selbst heute noch eine Lebendigkeit ausstrahlen, als wären sie
erst einen Augenblick oder zwei vorüber. Dazu gehört zweifelsfrei
der Italienurlaub, in den fast jeder als kleiner, dem Kindergarten gerade
erst entwachsener Junge, mit meinen Eltern aufbrach. Mindestens so eindrucksvoll
wie die Bilder von salzigem Meerwasser und süßem Gelato sind
bis heute die musikalischen Erinnerungen an jene Zeit. Die Compilation "Die
Hit Giganten - Italo Hits" versammelt jetzt auf zwei Silberlingen die
größten italienischen Pop- und Discohits der frühen 80er
Jahre. Ein Italienurlaub für die ganze Familie sozusagen. Ob für
die Kleinen oder die Großen, die Italiener halten für jeden was
Passendes bereit. Auf der ersten CD dürfen die ganz kleinen im Takt
zu den Schmusehits von Umberto
Tozzi, Al
Bano & Romina
Power oder Bino
hüpfen. Auf der zweiten CD steht dann die italienische Variante von
Disco im Mittelpunkt des Geschehens. Gazebo,
Baltimora
und Valerie
Dore brachten damals die Stimmung in den Clubs zum Kochen und sorgten
bei den älteren für noch lange nicht vergessene, auf der Tanzfläche
durchfeierte, laue Sommernächte.
Die waren für uns kleinen damals freilich noch tabu. Im zarten Alter
von acht Jahren war es noch nichts mit Feiern, bis die Sonne den neuen Tag
ankündigt. So beschränken sich viele Erinnerungen an Italien vor
allem auf Italo-Pop, wie er in jenen Tagen ständig aus dem Autoradio
trällerte.
Und als sei es erst gestern gewesen setzen, die Mitsingreflexe bei Alices
"Per Elisa" oder Toto
Cutugnos "L'Italiano" selbst nach 25 Jahren ungefragt
ein. Manche Jugendsünden kann man noch so oft verleugnen, ungeschehen
werden sie deshalb noch lange nicht.
Während es bei Italo-Pop natürlich an allen Ecken und Enden schmalzt,
kommt mit Italo-Disco ein wenig mehr Drive in die ganze Sache. Als sechsjähriger
Knirps im Urlaub war Italo-Disco natürlich tabu für mich, da sorgten
die Eltern dafür. Geholfen hat es letztlich nichts.
Italo-Disco packte mich einige Jahre später, dann aber umso heftiger.
Zwar verzichten auch die Disco-Tracks nicht auf eine gesunde Portion italienischer
Süße. In vielen Fällen verbindet die sich jedoch auf so
feine Art und Weise mit groovenden Synthies, dass Widerstand zwecklos ist.
Wie auch bei Italo-Pop geben sich auf Italo-Disco die Hits die Klinke in
die Hand. My
Mines "Hypnotic Tango" und Fun
Funs "Happy Station" gehören auch heute noch zum
Besten, was in den Strandbars von Rimini jemals auf den Plattentellern landete.
Dass viele der Tracks nur One-Hit-Wonder waren stört dabei nicht. Scotch
mit seiner "Disco Band" oder "Baltimoras
"Tarzanboy" dürfen natürlich genauso wenig fehlen, wie
Gazebos
Überhit "I Like Chopin" oder P.Lions
"Happy Children". Ganz zum Schluss kommt gar noch Sabrina mit
"Boys" zu Ehren, auch wenn die goldene Zeit des Italo-Disco sich
1986 dem Ende zuneigte und neue Grooves die Tanzflächen zum Kochen
brachten. "Hit
Giganten - Italo-Hits" macht Freude beim Hören, auch wenn
man sich das zunächst vielleicht nicht eingestehen will. Will man bösartig
sein, kann man vielen der Songs das Label musikalisches Instant-Food ankleben.
Schiebt man derlei Bedenken bei Seite, dann tragen die Lieder auch heute
noch derart viele Emotionen und Erinnerungen in sich, dass man es durchaus
riskieren kann, die beiden Silberlinge in den CD-Player zu legen.
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PUNK
/ COMPILATION
Verschiedene:
Punk-O-Rama: Vol. 9 (CD & DVD)
Stetig setzt sich die mittlerweile neun Ausgaben zählende Punk-O-Rama-Samplerreihe
des allseits bekannten amerikanischen Labels Epitaph fort. Sie präsentiert
auch dieses Mal reihenweise hauseigene Acts und Bands des Tochterlabels
Burning Heart von Pennywise
über Heideroosjes
und Rancid
bis zu den Beatsteaks und vielen mehr. Natürlich darf auch ein Beitrag
der immer noch guten, aber auch immer noch gleich klingenden Bad
Religion des Labelinhabers Brett Gurewitz (Gitarre), nicht fehlen.
Wie eh und je gibt es keine einheitliche Aussage im Inhalt der Texte, so
spielt auch Politik eine eher nebensächliche Rolle. Die Punk-O-Rama-Sampler
glänzen schlicht und einfach durch viele, gut geschriebene Punkrock-Kracher,
die mal mehr in die Hardcore-Richtung tendieren und mal sehr melodisch sind,
oder auch in Rock'n'Roll-Gefilde abweichen. Und was mich besonders gewundert
hat: es gibt zwei Hip Hop-Tracks auf der Scheibe. Verrückt denkt man
sich, auf einem Sampler namens Punk-O-Rama.
Passt das überhaupt? - Punk war schon immer eine sehr politische Sache.
Und gerade heute, wo Politiker wie George W. Bush für reichlich Zündstoff
in politisch aufgeweckten Kreisen sorgen, rückt Musik mit politischen
Texten immer mehr ins Rampenlicht. Brett Gurewitz versucht, dies zu unterstützen,
und möchte hierbei nicht auf Punkrock beschränkt bleiben. In einem
Interview mit dem "Ox Fanzine" erklärte er, dass er sich
wünsche, dass auch junge Bands wieder politisch aktiver würden.
Atmosphere - eine der Hip Hop-Combos die hier ihren Song "The Keys
To Life vs. 15 Minutes of Fame" veröffentlicht hat, ist aber nicht
unbedingt ins politische Lager einzuordnen. Und Eyedea & Abilities mit
"Now" schon gleich gar nicht. Warum also? Naja, vielleicht braucht
man nicht für alles eine Erklärung, das bisschen Untreue zum Punkrock
schadet überhaupt nicht. Die Tracks fügen sich erstaunlich unauffällig
in die lange Reihe der Punkrock-Songs ein und lassen sich angenehm hören.
Track 23 tanzt auch ein wenig aus der Reihe. Error ist ein Projekt, das
von unserem bereits mehrmals erwähnten Herrn Gurewitz ins Leben gerufen
wurde. Allerdings ist er in die Band nur indirekt involviert. Elektrisch
klingt der Großteil der Sounds, extrem hart und knüppelig. Gesungen
wird vom Dillinger Escape Plan-Sänger Greg. Vielleicht nicht jedermanns
Sache, aber auf jeden Fall was besonderes. Die unzähligen Punkrock-Songs
sind wie immer auch schön abwechslungsreich. The
(International) Noise Conspiracy ("Armed Love") spielen
rockigen Sound mit viel Druck, einer Orgel und politischen Texten. Dropkick
Murphys ("The Dirty Glass") machen Folk-Punk mit Geige.
- Prost Ahoi! Matchbook
Romance ("Promise") haben eine Liebesballade beigesteuert.
- Nur um einen kurzen Einblick zu schaffen. Langsam erkennen Stück
für Stück immer mehr Labels und Hersteller, dass man den Leuten
zu Zeiten des MP3-Downloads mehr bieten muss als einen bloßen Tonträger,
der letztendlich auch nicht wirklich besser ist als die selbstgebrannte
Variante. Zu vielen CDs bekommt man nun beigelegte Aufnäher oder Buttons
geschenkt, mal ist ein Poster dabei. Oder ein lustiges, ausführliches
Beiheft. Viele Menschen sind auch durch das schwarze Gold, dem Vinyl, den
klassischen Schallplatten zu begeistern. - Keine Frage, da hat man auf jeden
Fall mehr in der Hand, und es ist ein Original. Wichtig ist auch eine gelungene
Zusammenstellung der Tracks.
Als zusätzliches Schmankerl gibts eine DVD mit 12 Videos einiger der
auf dem Sampler präsentierten Bands. Wie leider viel zu oft sind diese
Videos aber alle nicht besonders interessant. Aus verschiedenen Winkeln
gefilmte Posen der durchgestylten Bandmitglieder und zwischen drin ein paar
abgehende Fans, oder eine, wenn überhaupt, kurz angeschnittene Handlung.
Damit kann man eigentlich schon alle der zwölf Videos grob beschreiben.
Nichts, was besonders heraus sticht.
Besonders viel Mühe haben die Macher nicht in die DVD gesteckt, zumindest
auf meinem Rechner funktioniert sie nicht ganz fehlerfrei. Letztendlich
macht das aber nicht so viel, da man für die DVD sowieso nichts bezahlen
muss, die gibts geschenkt, wenn man sich den Sampler kauft. Und der passt
wie angegossen in die Punk-O-Rama
Reihe, die als Gesamtwerk schon fast als Klassiker in der Punkrock-Welt
gehandhabt werden kann.
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ALTERNATIV
Badly
Drawn Boy: One Plus One Is One
Die neue Badly
Drawn Boy zu hören, ist wie den Trödelladen eines Märchenonkels
zu besuchen. Ein Sammelsurium aus altmodischem Holzspielzeug und liebenswertem
Krempel. Mitten in der Szenerie ein schusseliger Kauz, der Musik zu Filmszenen
komponiert, in denen Enten mit alten Ökobrotleiben erschlagen werden
("Dead
Duck" aus dem "About
A Boy"-Soundtrack). Um ihn herum sitzen im Stuhlkreis kleine
Kinder mit Ringelschalen und klatschen brav zum Takt in die Hände.
Niedlich, oder?
Der bewollmützte Onkel mit Klampfe namens Damon Gough glaubt in diesen
ach so turbulenten und unsicheren Zeiten noch immer (oder jetzt erst recht?)
an das Gute im Menschen. Und das will er seinem Publikum verklickern, bis
es sitzt und sie es im Schlaf aus dem Effeff herunterbeten können:
"One Plus One Is One". Together! Forever! Habt euch lieb! Aber
dalli!
"It's about wider friendships, these songs are a message to see the
brighter side", so der Musiker selbst. Seine positive Lebenseinstellung
ist seinem neuen Werk deutlich anzumerken. Weg von der Opulenz des Vorgängeralbums,
zurück zu den Wurzeln, zurück nach Hause, zurück zum Song,
der Kernsubstanz. Eine Melodie plus ein Text ist ein Popsong. Weniger soll
diesmal mehr sein. Die Rechnung geht weitgehend auf: Durch die reduzierte
Instrumentierung blühen die Songs erst richtig auf, klar und unverhüllt
machen sie auf ihre Schönheit aufmerksam. Glöckchen klingeln,
Flöten pfeifen, Streicher streicheln - all dies vernebelt aber nie
die Sicht auf die klassische Songstruktur, aufbauend auf Klavier und Akustikgitarre.
Zum Beispiel "Stockport", ein Instrumentalstück, lebt von
einem einzigen Klavierthema, dessen unwiderstehlich leichte Melodie sich
immer wieder im Kreis dreht und erst in der Schlankheit ihre Reize entfaltet.
Dass er nicht nur ruhige, bedächtige Seelentröster ("Easy
Love") komponieren kann, beweist er mit "Summertime In Wintertime",
ein weezeresker
Gutelaunespender, der in rockigere Gefilde vorprescht.
Manchmal ist Gutes aber auch bisschen zuviel des Guten. Die erste Singleauskopplung
"Year Of The Rat" etwa, ist mit den Kinderchören und der
Gutmensch-Lyrik wie geschaffen für eine Unicef-Benefizgala im Zweiten.
Zum Glück fehlen die penetranten Ohrwürmer, sonst hätte man
vor lauter einlullender Freundlichkeit das Gefühl, überzuckert
zu werden. Insgesamt gesehen strotzt die neue Platte des schlecht gezeichneten
Jungen vor gut geschriebenen Songs. Ein Paket voller Wohlfühlmusik,
bei der auch die kleine 5-jährige Nichte mitsummt.
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HEAVY
METAL
Motörhead:
Inferno
Die Fetzen fliegen schon beim ersten Riff: Ohne Vorwarnung setzen Gitarre,
Bass und Schlagzeug ein, der Lautstärkeregler steht am Anschlag. "Why
are we here, does anyone know, why are we here at the Terminal Show?"
fragt sich Lemmy mit seiner überanstrengten Reibeisenstimme. Die Antwort
liefert er mit "Inferno" selbst: Motörhead
sind noch da, weil sie knapp 30 Jahre nach ihrer Gründung immer noch
überzeugende Musik hervor bringen.
Ließen ihre Konzerte schon immer das Herz höher schlagen, hatte
sich bei den letzten Studioalben so etwas wie Routine ausgebreitet: Mickey
Dee hämmerte auf sein Schlagzeug ein, Lemmy holte fiese Klänge
aus seinem Bass und gröhlte ins Mikro, Phil Campbell sorgte mit Riffs
und Soli für ein bisschen Melodie. An dem Rezept hat sich auf diesem
Album nichts geändert, jedoch klingt es diesmal wieder frisch und überzeugend.
Neue Energie aus alter Quelle, sozusagen. Die Ursache ist hauptsächlich
in Campbell zu finden, der einige gute Ideen liefert und den Vergleich zu
seinem Kollegen Steve
Vai ohne Schaden besteht. Lemmy soll in einem Lokal auf den Ausnahmegitarristen
gestoßen sein und ihn zu den Aufnahmen eingeladen haben. Vai kam vorbei
und spielte zwei feurige Soli für "Terminal Show" und "Down
On Me" ein. Dennoch ist es Campbell, der den Ton angibt: Lemmy und
Dee liefern die Grundstruktur, auf der er sein Instrument optimal einsetzen
kann. Spektakuläre Momente sind zwar weniger zu finden, dafür
flechtet er verschiedene Einflüsse in die typische Drei-Akkorde-Struktur
gelungen ein. "In The Name Of Tragedy" prägt etwa die typische
Metallica-Rhythmusgitarre,
wodurch das Stück an "Seek And Destroy" erinnert. "Life's
A Bitch" trägt Züge von ZZ
Top nach einem Starkstromschlag. "Suicide" könnte
dagegen von Accept
stammen, selbst Lemmy hört sich ein bisschen wie Udo Dirkschneider
an. Der Sänger legt eine ungeahnte Vielfalt an den Tag und fügt
immer wieder ein paar Noten zu seinen gewohnten zwei oder drei hinzu. Selbst
vor einer Unplugged-Session schreckt er nicht zurück und liefert mit
"Roadhouse Blues" einen countryesken Abschluss.
"Stay clean, be true, do whatever you can do. Later or soon, we're
all gonna die, 10.000 years and all we got is suicide" verkündet
Lemmy angesichts von Umweltverschmutzung und Klimawandel. Zum Glück
bleibt Motörhead
bis dahin noch genügend Zeit, um die Welt mit vielen Auftritten und
dem einen oder anderen gelungenen Album zu beglücken.
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TIPP:
Motörhead: Inferno: Limited Edition (2 CD) |
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POP/ROCK
/ ALTERNATIV
John
Frusciante: The Will To Death
Man darf spekulieren, woran der Warner Music-Verantwortliche in dem Moment
gedacht hat, als John
Frusciante ihm eröffnete, dass er neben "Shadows Collide
With People" weitere sechs (!) Alben in der Hinterhand habe, die bis
Ende des Jahres zu veröffentlichen seien. Juristische Schritte? Körperverletzung?
Fallbeile? Andererseits geht man so nicht mit verdienten Künstlern
um, und da Frusciante nun mal gottlob auch Gitarrist der Warner-Cash Cow
Red
Hot Chili Peppers ist, entschied man, seine sechs Solo-Freak-Outs
eben doch ins Regal zu stellen. Still und heimlich und ohne großen
Promo-Schnickschnack, versteht sich. Wenig dürfte Frusciante gleichgültiger
sein. Der Mann, und das beweist "The Will To Death" in geradezu
unheimlicher Perfektion, ist mittlerweile in Sphären abgehoben, die
für den Normalsterblichen so unergründlich sind, wie die fußballerischen
Finessen eines Zinedine Zidane. Man sitzt nur regungslos da. Staunt. Bewundert.
Vergöttert die ganze Art seiner an sich simplen Herangehensweise: Anfangs-Akkorde
schrubben, Strophe, hier ein gegenläufiges Break, dort die Gitarrenwand,
Rasseln dazu, Tempo-Anstieg, Drosselung, Hallgerät an, Kopfstimme,
Chorus, Freak Out. Strukturen, die bei anderen Bands nicht einmal auf Albumlänge
auftauchen, bringt Frusciante mittlerweile in vier Minuten unter. Dann schnell
den Song benennen, "Time Runs Out" vielleicht? Klingt gut, okay
fertig, neuer Song.
So ähnlich muss der Alltag bei Frusciante ungefähr aussehen, über
den Kollege Flea einmal halb scherzend bemerkte, es würde ihn kaum
verwundern, wenn John auf die Frage, wer amerikanischer Präsident ist,
keine Antwort parat hätte. Doch für Politik hat er nun wirklich
keine Zeit, darum müssen sich schon andere kümmern. Ihm geht es
um Kunst. Schon alleine die Cover-Ästhetik, eine Reminiszenz an sämtliche
Art Rock-Verbrechen der Spätsiebziger von Rush
bis Pink
Floyd, kündigt eine schwer verdauliche Hippie-Exkursion an.
atsächlich führt uns "The Will To Death" tief hinunter
in Frusciantes dunkles Kämmerlein, in sein ganz persönliches Kabinett
des Dr. Caligari. Wie die Hauptfigur des Stummfilm-Klassikers ist auch Frusciante
mittlerweile zum kunstfertigen Hypnotiseur gereift, dem sein Publikum hilflos
ausgeliefert ist. Mit jedem Hördurchlauf packen einen seine Songs fester
im Genick, manche tyrannisieren gar ob der schieren kompositorischen Opulenz
(unglaublich: die Piano-Oper "The Mirror"). Aus den Klauen des
Despoten gibt es kein Entkommen. Songs, randvoll mit genialischen Song-Wendungen
und purem Wahnsinn. Wenn Frusciante in "Loop" nach gemäßigtem
Beginn plötzlich die Zeilen "I can't wait for life" brüllt,
als wäre dies sein letzter Song vor der wartenden Exekution, wähnt
man die geweiteten Pupillen des wirr dreinblickenden bärtigen Meisters
vor sich, der sich seinen spleenigen Songwriter-Idolen mit Riesenschritten
annähert. Dafür sorgt auch der Aufnahme-Standard, mit dem sich
John ins Jahr 1971 zurück beamte: 16-Spur-Mischer, Uralt-Synthies,
keine Computer, keine Studiogäste. Nur John und der ominöse geistesverwandte
Unbekannte Josh Klinghoffer.
Somit klingt das Ergebnis rauer, mystischer und noch verdrogter als der
Vorgänger, selbst historische Soundkanalspielchen (Stimme rechts, Musik
links) ersparen uns die beiden Erzeuger nicht ("Time Runs Out",
"The Will To Death"). Von Johns zutraulichen Pop-Exkursen der
Marke "Song To Sing When I'm Lonely" sind in Teilen noch "Wishing"
und "Unchanging" übrig, lieber trägt er aber schauerliche
Lalala-Gesänge vor und lässt spacige Gitarren-Riffs knallen ("Loss").
Seine Melodien verbergen sich dabei hinter der nie ziellos waltenden Lust
am Experiment und den Arrangements ferner Zeiten. Wäre Frusciante 1972
Bandmitglied von Neil
Young gewesen, hätte dieser sein "Far Away" mit Kusshand
aufs "Harvest"-Album gepackt. Dass John auch sein "Heart
Of Gold" fehlerfrei hätte spielen können, wissen wir schließlich
ebenfalls.
Selbst wenn ich der Frusciantomanie in der hiesigen Redaktion schon lange
nicht mehr unverdächtig bin, bleiben nach diesem Album nur noch folgende
Fragen offen: Wie soll das noch weiter gehen? Wo will John
Frusciante noch hin? Der Mann ist jedenfalls derselbe, der mit seiner
Hauptband Späßchen wie die Ska-Nummer "On Mercury"
aufnimmt. Bei seinen Soloalben hört der Spaß dann auf. Hier geht
es um existenzielle Themen, um die Leiden und den Schmerz eines Superstars,
der trotz aller Erfolge irgendwie Einzelgänger geblieben ist: "Life
is an ugly friend of mine", verrät er einmal, oder im majestätischen
Abschluss-Song: "The will to death is what keeps me alive". Fortsetzung
folgt.
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POP/ROCK
Velvet
Revolver: Contraband
Als ein englisches Gitarrenblatt kürzlich Slashs
"Sweet Child O' Mine" zum besten Riff ever kürte, konnte
man sich das Grinsen kaum verkneifen. Nichts gegen das Guns
N' Roses-Stück - doch die Welt hat revolutionäreres Gitarrenspiel
gesehen. Dennoch verkörpern Slash und seine Ex-Band den Hardrock der
Achtziger und frühen Neunziger wie kaum ein andere Truppe. Dieses Vermächtnis
prägt auch Velvet
Revolver.
Die frisch gegründete Supergroup führt besagten Hardrock mit dem
Alternative Rock der Neunziger zusammen. Was sich großspurig aber
griffig anhört, entspricht auf dem Papier der Wahrheit: Velvet
Revolver bestehen aus drei Fünftel Ex-Guns
N' Roses, Stone
Temple Pilots-Sänger Scott Weiland sowie dem zweiten Gitarristen
Dave Kushner. Und während sich junge Bands nach ermordeten österreichischen
Thronfolgern benennen, rockt der Fünfer lieber weiter vom "Dirty
Little Thing". "Sucker Train Blues" gibt den Takt des Albums
vor. "Contraband" kommt schnell und kompakt zur Sache. Mit "You
Got No Right" und "Loving The Alien" bietet es nur zwei Balladen.
"Do It For The Kids" bleibt harmonisch und melodisch eines der
besten Stücke. "Illegal I Song" powert mit ausgefeilten und
von den übrigen Stücken abweichenden Drum-Arrangements.
Rhythmische Gitarren drücken bei "Headspace" und "Superhuman",
während die fette Single "Slither" an Alice
In Chains erinnert. Intro und Gitarren von "Fall To Pieces"
klingen dagegen wieder nach Guns
N' Roses. Überhaupt prägt Slashs
Handschrift die Platte. Gitarrensound und Drum-Abmischung erinnern an damals
ohne zum reinen Abklatsch zu mutieren. Grundsätzlich entwickeln Velvet
Revolver aus straighten Strophen heraus, offene, zum hymnischen
neigende Refrains. Der Drogen-geprüpfte und charismatische Weiland
bekleckert sich dabei durchaus mit Ruhm. Bis auf das ein oder andere typische
Hardrock-Tremolo bleiben die Melodien des Ex-Grungers glücklicherweise
meist im Alternative-Kontext. Vom angesagten Indie-orientierten Retro-Rock
bleiben Velvet
Revolver trotzdem unbeeindruckt. Im Gegenteil. Sie legen vielmehr
eines der besten klassischen Hardrock-Alben des Jahres vor. Axl Rose dürfte
sich umgucken und Aerosmith sollten sich vom Genre der Rock-Ballade endlich
verabschieden.
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POP/ROCK
Brian
Wilson: Gettin' In Over My Head
Brian
Wilson wird - völlig zu recht - zu den einflussreichsten Songwritern
der Popmusik gezählt. Im Laufe seiner über 40-jährigen Karriere
hat er für die Beach
Boys einige der erfolgreichsten Popsongs aller Zeiten komponiert.
6 Jahre nach seinem letzten Studioalbum veröffentlicht er nun endlich
wieder ein neues Album, das modern und zeitgemäss klingt, aber gleichzeitig
die Aura eines zeitlosen Klassikers verbreitet, die auch schon seine frühen
Beach
Boys Hits auszeichnet. Brian
Wilson hat GETTIN' IN OVER MY HEAD produziert und im Team mit Co-Autoren
alle Songs komponiert. Für jeden Musiker ist es eine besondere Auszeichnung,
mit Brian
Wilson zu arbeiten. Neben seiner exzellenten Band haben im Studio
Eric
Clapton ("City Blues"), Elton
John ("How Can We Still Be Dancin'?"), und Paul
McCartney ("A Friend Like You") zum Gelingen des Albums
beigetragen. "Mit Paul
McCartney zu arbeiten war wundervoll", erzählt Brian
Wilson. "Schon nach drei Takes war alles im Kasten, wir haben
dann noch ein bischen zusammengesessen und über die Beach
Boys und die Beatles
geredet. Da gibt es grossen gegenseitigen Respekt". Paul
McCartney hat wiederholt in Interviews erzählt, dass es ohne
das Pet Sounds Album der Beach
Boys, das Brian
Wilson allein produziert hat, "Seargent Pepper" nie gegeben
hätte.
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SOUNDTRACK
Soundtrack:
The Punisher: The Album
Gänzlich ohne Superkräfte, nur in ein schlichtes Totenkopfshirt
gehüllt und mit allerlei durchschlagenden Argumenten bewaffnet, sorgt
der Punisher
(zu deutsch: Bestrafer) derzeit für einen exorbitanten Anstieg des
Blei- und Blutgehaltes in der Leinwandluft. Mit der ungewohnt brutalen (FSK
18) und optisch wie inhaltlich auf die tragenden Elemente reduzierten Comicadaption
scheint Marvel
nach kunterbuntem Teenage-Heldenkitsch (Spiderman)
und semi-tiefgründiger Popcornaction (Hulk)
nun neue Wege zu beschreiten. Anders sieht es da beim Soundtrack aus, der
einmal mehr nach bewährtem Schema zusammengelötet wurde, bzw.
nach Angaben des Labels "eine gute Tradition fortführt."
So versammeln sich wie gehabt meist große Namen aus den mit der Silbe
"Nu" gebrandmarkten Schubladen einschlägiger US-Labels. Angenehm
überrascht dabei die Tatsache, dass hier kein schamloses Recycling
betrieben wird, sondern fast ausschließlich neues Material der vertretenen
Künstler zusammen getragen wurde. Mit überfettem Bass, treibendem
Rhythmus und bewährten Riffattacken machen die nach dem Tod ihres Sängers
zumindest personell reformierten Drowning
Pool den Anfang. Nett aber harmlos. Andere Namen wünscht man
sich dagegen schnell wieder von der Tracklist runter. Vor allem die Cobain-Leichenfledderer
von Puddle
of Mudd penetrieren wie gewohnt mit belanglosem Geschrammel. Nickelback
bürsten sich dagegen nicht sonderlich spektakulär, jedoch durchaus
solide durch latent groovenden Postgrunge. Im Durchschnitt versinkt dann
leider das nach dem Bandsplit wohl vorerst letzte gemeinsame Lebenszeichen
von Josh Homme und Nick Oliveri.
Auch dieses mal gilt es für viele kleine Bands und Newcomer im Fahrwasser
der großen Rockdampfer ein wenig Aufmerksamkeit zu erhaschen und neben
den Platinsellern nicht ganz unterzugehen. Hier wartet die eine oder andere
Perle darauf entdeckt zu werden. Die drei Chevelle-Brüder locken den
Hörer souverän mit druckvollem Alternative Rock, um ihn anschließend
von den bedrohlich in Richtung Abgrund stapfenden Finger Eleven mitschleifen
zu lassen. Wenig neues, jedoch Bewährtes schmackhaft aufbereitet, bieten
Strata sowie Smile Empty Soul mit einem angenehm akustisch gehaltenen Song.
Echte Highlights oder offensichtliche Durchbrecher wie einst Evanescence
auf dem Daredevil-Soundtrack
sucht man vergeblich. Die alten Hasen halten mit ihrem Aufgebot an aufgewärmten
B-Seiten gerade mal ihren eigenen Schnitt und das Newcomer-Ensemble ist
verdächtig auf große Genregrößen getrimmt. So sind
Seven
Wiser eine Mischung aus Korn
und Linkin
Park, Submersed
wollen sich dagegen als Incubus
mit Eiern profilieren - die Liste ließe sich beliebig verlängern.
Alles nicht wirklich schlecht, auf jeden Fall aber eintönig und uninspiriert.
Dabei hat Danny Lohner mit seiner Arbeit zum durchwachsenen Film "Underworld"
gezeigt, wie ein abwechslungsreicher und hochwertiger Soundtrack klingen
kann.
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MUSIK
DVD - RAP/HIP HOP
Busta
Rhymes: Everything Remains Raw
Wer Rap-Plappermaul Busta
Rhymes auf Tour live erleben durfte, wird von der "Everything
Remains Raw" etwas enttäuscht. Zwar legt Busta, kongenial unterstützt
von seinem Flipmode
Squad-Zuflüsterer Spliff Star, im seltsam runden Konzertsaal
des Celebrity Theatres in Phoenix/Arizona wieder große Emcee- und
Entertainerqualitäten an den Tag, doch die pure, raue Energie fehlt.
Schuld hat zum einen das amerikanische Publikum, das im Extremfall klatscht
und kopfnickt, zum anderen die etwas zu coole Eröffnungssequenz: Nach
der typischen "DJ-Are-You-Ready-For"-Arie vom Scratchator betreten
Busta und Spliff stumm die Bühne - und machen nichts. Wie tobte der
Mob doch 2001 in der großen Freiheit in Hamburg, als Busta die Leute
drei Stunden im eigenen Schweiß schmoren ließ, nur um dann mit
dem furiosen Nackenbrecher "Ante Up" alles in Grund und Boden
zu brüllen. Gestandene Deutsch-Rapper wie D-Flame,
Curse
oder Denyo
inklusive.
Im Celebrity Theatre beginnt das Flipmode-Duo dagegen mit einem Jam Master
Jay-Tribut, bevor der M.O.P.-Song
"Ante Up" durch die Boxen ballert. Trotz der aufgesetzt coolen
Stimmung brennen Songs wie "Woo Ha!!", "Gimme Me Some More"
oder "Pass The Courvoisier" jedes Reetdachhaus der ostfriesischen
Inseln ab und beweisen, dass Busta neben The
Roots und Cypress
Hill die Live-Sensation im Hip Hop schlechthin ist. Im Bonus-Material
zeigt Bus-A-Bus zu guter Letzt seinen Flipmode-Kosmos.
Vom luxuriösen Nightliner bis zum Flipmode'schen Familienstammbaum
erklärt der Rapstar alles Nennenswerte rund um die Posse.
Jetzt
bestellen für nur SFr. 32.80 |
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Text-Quellen:
Diverse |
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07.07.2004 22:53:51 / enzo Alle Angaben ohne Gewähr |
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